Reden statt Power-Pointen

Erst vor kurzem habe ich wieder an einem großen Kongress zu allen Fragen der Energiepolitik teilgenommen und dabei zwanzig Vorträgen mit zugegeben unterschiedlicher Aufmerksamkeit gelauscht. Was mir auch da u.a. wieder aufgefallen ist: Von 20 Vorträgen waren 18 power point und nur zwei simpel und einfach nur das gesprochene Wort“ – und diese beiden gesprochenen Vorträge ohne Bildchen – bewegte und feste – ohne Tabellen und Zahlenfriedhöfen und ohne „künstlerische Gestaltung“ waren die mit weitem Abstand eindrucksvollsten und die mit der im wahrsten Sinne des Wortes „nachhaltigsten“ Wirkung!
Ich erinnerte mich an Termine und Präsentationen, die ich durchzuführen hatte, und bei denen manchmal gleich zu Beginn die Frage gestellt wurde: „Haben Sie was zu sagen oder benötigen Sie Power Point?“

Richtig: Das trifft im Grunde den Kern: Wer wirklich überzeugend „was zu sagen hat“, benötigt eine klare Gedankenstruktur, einen klugen Aufbau seines Vortrags und zugegeben ein wenig rhetorisches Geschick, um „rüberzukommen“!

Der Herausgeber der „ZEIT“, Josef Joffe, liegt mit seiner Aussage richtig: „Power-Point macht uns zu faul zum Denken“. Joffe berichtet von einer Bewegung in der Schweiz: Dort ist jetzt die Anti-Power-Point-Partei (APPP) zugelassen worden. Diese sieht sich als „Vertreterin von monatlich 250 Millionen Bürgern weltweit, die zwangsweise bei langweiligen Präsentationen anwesend sein müssen“.

Joffe bezeichnet Power Point als „einen Angriff auf die abendländische Kultur“ und fährt fort. „Bekanntlich wirft PPT Bilder an die Wand – ein paar Zeilen mit großen Buchstaben. Diese Verknappung schärfe das Denken und zügele die Weitschweifigkeit, möchte man meinen, bewirkt aber genau das Gegenteil: die Denkfaulheit“

Leider meinen viele Vortragende, dass es noch toller kommen müsse, um ganz besonders zu beeindrucken und setzen bei ihrer Präsentation deshalb auch noch bewegliche Bildchen, laufende Elemente und ähnlichen Schnickschnack ein. Die Tatsache, dass solcherlei Unsinn oft nur vom Eigentlichen ablenkt, scheint egal oder vielleicht sogar beabsichtigt zu sein.

Wenn es dann auch noch Lehrerinnen und Lehrer gibt, die ihren vortragenden Schülern Notenabzüge erteilen, wenn diese nicht „power pointen“, muss sich auch niemand mehr darüber wundern, dass zum Leidwesen aller Bildungsexperten die Zahl der jugendlichen Zeitungsleser immer mehr zurückgeht und sich rasant der Nulllinie annähert.

Joffe: “Die Folien zerhacken die Gedanken und drehen sie durch den Fleischwolf der Gemeinplätze. Worthülsen ersetzen Information, der Zuschauer wird eingelullt.“

Nun ist das ganze Geschehen mit der APPP zwar vor allem - wie sich herausstellte - ein Werbegag eines Rhetorik-Trainers, aber richtig ist und bleibt: Nichts ist so überzeugend wie ein Vortrag mit klaren Gedanken und präziser Sprache, weshalb gilt: Reden ist besser als „power pointen“!

© Dr. Walter Döring


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