Solidarität ist keine Einbahnstraße

Da gibt es doch tatsächlich Bundesländer, die eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich in Erwägung ziehen. Bayern, Baden-Württemberg und Hessen fühlen sich als „Geberländer“, die Milliarden in den Länderfinanzausgleich einbezahlen, benachteiligt gegenüber den „Nehmerländern“, die – wie z. B. Berlin – massiv von diesen Einzahlungen profitieren. Ministerpräsident Stefan Mappus führte dazu vor wenigen Tagen in Schwäbisch Hall aus: „Wir zahlen jährlich mehr in den Länderfinanzausgleich ein, als uns Stuttgart 21 kostet.“ Und an anderer Stelle sagte er, dass Baden-Württemberg Hunderte neuer Lehrer einstellen könnte, wenn der Länderfinanzausgleich „gerechter“ wäre.

Klar ist und bleibt, dass starke Länder schwachen gegenüber solidarisch sein müssen. Aber eine Pflicht zu solidarischem Verhalten besteht auch für die Schwachen, die als Empfänger der Wohltaten von den Starken auftreten. Dazu gehört, dass sie sich anstrengen, nicht länger schwach zu bleiben. Und dazu gehört auch, keine Ausgaben zu tätigen, die sich die Starken nicht leisten. Baden-Württemberg erhebt Studiengebühren, Berlin keine. Baden-Württemberg kämpft um die Nullverschuldung, Nordrhein-Westfalen stellt aktuell einen Haushalt mit Rekordverschuldung auf. Die Geberländer erheben Kita-Gebühren, viele der Nehmerländer nicht.

Ulf Poschardt hat dazu in einem Leitartikel in der „Welt“ festgestellt: „Die „reichen“ Länder verlieren die Lust am Spendieren, weil sie sparen, wo die Nehmerländer prassen, und dann auch als Asoziale gelten, weil sie den Umverteilungsautomatismus hinterfragen. Wenn der rot-rote Senat im Wahljahr Wohltaten verspricht, dann werden diese am Ende von einer schwarz/gelben Regierung in München, Stuttgart oder Wiesbaden mitfinanziert.“

Ganz ähnlich verhält es sich mit den ganz normalen Einkommensbeziehern. Auch hier gilt unbestritten, dass die berühmten starken Schultern mehr tragen müssen als die schwachen. Aber genauso muss gelten, dass die mit geringeren Einkommen alles dafür tun müssen, aus dem „Empfängerstatus“ auszubrechen. Die heute leider schon viel zu weit verbreiteten Familien, die sich in der dritten Generation hintereinander in dem sozialen Solidaritätssystem der Bundesrepublik gemütlich eingerichtet haben, lassen jede Solidarität vermissen.

In der Arbeiterbewegung galt Solidarität als Stütze auf dem Weg zur Selbstermächtigung. Solidarität sollte helfen, demnächst auf eigenen Beinen zu stehen und dann selbst mit jenen solidarisch zu werden, die das noch nicht können.

In einer freiheitlich verfassten und organisierten Gesellschaft, so Poschardt zu Recht weiter, ist Solidarität wichtig, aber sie muss aus ihren institutionellen und staatlichen Verkrustungen befreit werden. Im Zentrum der Überlegung muss das Ende der Angewiesenheit auf Solidarität stehen.

Kurz: Je mehr alle in unserer Gesellschaft verstehen und danach handeln, dass Solidarität keine Einbahnstraße ist, umso leistungsfähiger ist und bleibt unsere Solidar-Gesellschaft!

© Dr. Walter Döring

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