Im Interesse aller Leistungsbereiten: Für Lohnuntergrenzen!

Gerade, weil ich für Leistungsbereitschaft bin, bin ich auch aus sozialer Verantwortung für Lohnuntergrenzen bzw. Mindestlöhne! Es muss sichergestellt werden, dass alle, die einer geregelten Arbeit nachgehen, von dieser auch „eigenständig“, also ohne weitere staatliche „Stütze“ oder Lohnsubvention leben können. Noch immer schreiben in Deutschland viel zu viele Tarifverträge Stundenlöhne fest, die deutlich unter dem Niveau der bislang vereinbarten Mindestlöhne liegen. Löhne – wie z. B. im bayerischen Konditorenhandwerk – mit einem Tarifeinstiegsverdienst von 5,26 € pro Stunde sind schlicht unsozial und nahe an der „Ausbeutung“ menschlicher Arbeitskraft! Und damit noch nicht genug: Aktuell arbeiten nahezu 1,5 Millionen abhängig Beschäftigte zu Löhnen von unter 5 Euro die Stunde!

Natürlich muss in unserer sozialen Marktwirtschaft die Tarifhoheit hinsichtlich der Lohnfindung erhalten bleiben. Lohnfindung darf niemals Ergebnis parteipolitischer Entscheidungen und somit zum Spielball der Politik und der Wahlkämpfe werden.

Sinnvoll und notwendig ist es, dem Beispiel Großbritannien zu folgen: Die Einrichtung einer Kommission aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern sowie Wissenschaftlern, die durch ihre Empfehlung eine Lohnuntergrenze festlegt und definiert, die dann für die Politik bindend ist. Dadurch wird gewährleistet, dass einerseits unabhängige Entscheidungen getroffen werden können und die Tariffreiheit weitestgehend gewahrt bleibt, andererseits aber alle wesentlichen Merkmale einer funktionierenden Marktwirtschaft Berücksichtigung finden können.

Diese Kommission sollte sich daran orientieren, dass

  • Keine Arbeitsplätze durch eine zu hohe Lohnuntergrenze verloren gehen;
  • Wettbewerbsverzerrungen ausgeschlossen werden können;
  • Immer die strukturellen Besonderheiten berücksichtigt werden können;
  • Die konjunkturelle Entwicklung der Löhne sowie die gesamtwirtschaftliche Lage berücksichtigt werden.


So wird erreicht, dass Unternehmen nicht über Gebühr belastet, zugleich aber auch die Arbeitsplatzchancen derjenigen, die auf Arbeitssuche sind, eine angemessene Berücksichtigung finden.

Auftrag der einzuberufenden Kommission ist es, jährlich eine Empfehlung für eine Lohnuntergrenze unter Beachtung ihrer Auswirkungen auf Beschäftigung und Wettbewerb in Deutschland auszusprechen. Dabei muss die Entscheidung sehr sorgfältig, nachvollziehbar und mit Daten und Fakten belegt begründet werden. Die so definierte Lohnhöhe ist für die Bundesregierung als bindend festzulegen. Sie wird durch eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung umgesetzt. Von dieser Lohnuntergrenze kann jedoch durch eine tarifliche Vereinbarung abgewichen werden, um auf regionale und branchenbezogene Besonderheiten Rücksicht nehmen zu können.

Derzeit gelten in Deutschland in zehn Branchen – darunter vier Baubranchen – allgemeinverbindliche Mindestlöhne. Diese reichen von 6,53 bis 11,53 € je Stunde. Diese weite Spreizung streicht, wie wichtig es ist, dass Fachleute mit ausgewiesener Arbeitsmarkt- und betriebswirtschaftlichen Erfahrungen das Thema „Mindestlöhne“ anpacken; eben eine wie oben vorgeschlagene Expertenkommission.

Wer arbeitet, muss sicher sein, dass er da „etwas davon hat“. Und wer die soziale Marktwirtschaft mit allen ihren Facetten ernst nimmt, der muss dafür eintreten, dass sich soziale Verantwortung auch bei der Bezahlung niederschlägt: Mit gerechten und den arbeitenden Menschen ein Leben in Würde ermöglichenden Lohnuntergrenzen bzw. Mindestlöhnen.

© Dr. Walter Döring

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