Für eine unabhängige Ratingagentur!

Jahrelang haben es ganze Staaten hingenommen, dass amerikanische Ratingagenturen darüber entscheiden, ob sie das begehrte AAA und damit die Aussichten auf Großinvestitionen und günstigere Kredite etc. bekommen oder weniger gut bis ganz schlecht auf das Niveau von „Ramsch“ eingestuft werden mit allen damit zusammenhängenden positiven oder negativen Auswirkungen. Auswirkungen, die oft über den Arbeitsmarkt, das Investitionsverhalten ausländischer Investoren und damit das Wohlstandsniveau ganzer Volkswirtschaften mehr Einfluss hatten als Regierungsentscheidungen.

Das haben die Staaten der Welt und ihre jeweiligen Regierungen hingenommen, weil es ihnen entweder sehr gut ging, oder aber die Rating-Einstufung nicht von wirklich existenzieller Bedeutung für sie war.

Die Tatsache, dass diese amerikanischen Ratingagenturen noch nie irgendjemandem gegenüber verantwortlich waren außer dem eigenen Gewinnstreben, mit ihren Einstufungen offen Politik betrieben und unsäglichem Spekulantentum Tür und Tor öffneten, beklagte man, beließ es aber allgemein beim Jammern.

Das hat sich mit der Euro-Krise und dem offenen Spekulieren auf das Zusammenbrechen ganzer Volkswirtschaften zum Vorteil einiger weniger geändert; leider weniger in der Politik, die hier durchaus tätig werden könnte, aber doch deutlich bei sogenannten „Think Tanks“ wie zum Beispiel der Bertelsmann-Stiftung.

Auf der Finanzkonferenz der Bertelsmann Foundation North America in Washington wurde das Konzept einer internationalen Non-Profit-Ratingagentur diskutiert und für gut befunden. Prominente Rednerinnen und Redner wie die IWF-Chefin Christine Lagarde und der Direktor des Wirtschaftsrats von US-Präsident Obama, Gene Sperling, aber auch der Deutsche Jörg Asmussen, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank, sprachen sich für eine starke Alternative zu den drei großen marktbeherrschenden US-Ratingagenturen aus.

Ein ganz entscheidender Punkt dabei ist die völlig andere Finanzierungsgrundlage: Diese neue unabhängige Ratingagentur soll ihre Unabhängigkeit schon dadurch belegen, dass sie nicht gewinnorientiert arbeitet, sondern von einem Fonds finanziert werden soll, an dem sich Regierungen, Unternehmen, Stiftungen und auch Privatleute beteiligen können. Und ein weiterer wesentlicher Unterschied. Die neue Agentur soll sich ausschließlich auf Länderratings und die Benotung internationaler Organisationen beschränken – und dies auch noch „kostenlos“!

Im Bertelsmann-Info heißt es dazu weiter: „Ein supranationales Gremium von Interessenvertretern, der Stakeholder Council, soll die Unabhängigkeit gewährleisten und den Puffer zwischen den Geldgebern und dem operativen Geschäft bilden. Ein Ausschuss, das Credit Policy Committee, bestimmt die Kreditpolitik und nimmt die Aufgabe der Qualitätskontrolle wahr“.

Die Vorschläge für diese neue unabhängige Ratingagentur sind in Expertenkreisen auf breite Zustimmung getroffen; Reaktionen aus der Politik sind noch immer keine zu vernehmen.

Dabei ist klar: Fragwürdige Beurteilungen von Staaten durch US-Ratingagenturen haben erheblich zu der jüngsten Finanzkrise beigetragen. Wir benötigen dringend eine zusätzliche, unabhängige Institution für die Bewertung von Länderrisiken, und die Qualität von Länderratings muss verbessert werden. Es darf nicht länger sein, dass ferne US-Ratingagenturen über das Schicksal europäischer Staaten entscheiden!

© Dr. Walter Döring

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