Harte Zeiten für Ein-Mann-Betriebe

„Machen Sie sich selbständig!“ So lautet oft die Aufforderung von Politik und Verbänden.
„Werden Sie Ihr eigener Chef!“ So hört man die Lockrufe von Kammern und Mittelstands-Organisationen.

Diese Rufe sind in den letzten zehn Jahren mehr und öfter erhört worden als jemals zuvor: Nach einer Mitte Februar vorgelegten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) erhöhte sich die Zahl der Ein-Mann-Betriebe in Deutschland vom Jahr 2000 bis 2011 um mehr als 40 Prozent: Von 1 832 000 auf ca. 2 600 000.

Dieser Sprung in die Selbständigkeit hat zwar viele gute Seiten und durchaus auch Vorteile, aber für viele „Betroffene“ auch einige Enttäuschungen mit sich gebracht: Denn dieser Sprung in die Selbständigkeit hat nicht automatisch ein höheres Einkommen und eine sicherere Zukunft mit sich gebracht, sondern häufig das glatte Gegenteil: Laut der zitierten Studie sind die 2,6 Millionen Selbständigen besser qualifiziert als die Gesamtheit der Erwerbstätigen, aber nicht besser verdienend. Der Durchschnittsverdienst der Alleinunternehmer liegt demnach bei etwas weniger als 13 Euro brutto pro Stunde.

 „Ein Drittel der Solo-Selbständigen“, so Thomas Sigmund im Handelsblatt, „ muss sich mit einem Einkommen im Niedriglohnbereich zufriedengeben, das knapp über dem Hartz-IV-Satz liegt“. Die Bundesagentur für Arbeit teilte hierzu mit: Im September 2012 verdienten mehr als 125 000 Selbständige so wenig, dass sie ihr Einkommen mit Hart IV aufstocken mussten. Ihre Zahl hat sich damit nach einem Bericht der WELT vom 14. Februar seit 2007 verdoppelt. Besonders betroffen: Jeder dritte Psychologe, Heilpraktiker oder Dozent arbeitet zum Niedriglohn!

Insgesamt war und ist als eine Entwicklung zu verzeichnen, die den DIW-Experten Karl Brenke von einer „Renaissance der Selbständigkeit in Deutschland“ sprechen lässt, und er weist darauf hin, dass die Existenzgründungen wesentlich nachhaltiger sind als oft befürchtet: Selbst fünf Jahre nach der Gründung arbeitete die Mehrzahl noch immer als Ein-Mann-Betrieb. 

Für die andere Hälfte stellt die Selbständigkeit allerdings nur eine Übergangslösung dar. Viele wechselten danach rasch wieder in ein Angestelltenverhältnis. „Dies mag auch daran liegen, dass für manche der Gang in die Selbständigkeit wegen fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten nur eine Notlösung war“, vermutet Brenke. 

40 Prozent der Selbständigen gaben als Grund für ihren Sprung in die Eigenverantwortlichkeit „für Arbeit, Haus, Hof, Frau und Kind“ an, dass sie nicht mehr arbeitslos sein wollten; ein höchst ehrenwerter Grund. 

Nachdem nun aber die Arbeitslosenzahlen erfreulicherweise deutlich zurückgegangen sind, hat die Bundesagentur die Existenzgründungsförderung von Arbeitslosen stark zurückgefahren.

Schade, denn Deutschland braucht Selbständige, die mit neuen Ideen, Geschäftsmodellen und Dienstleistungen oftmals wichtige und für die Gesamtgesellschaft wertvolle Neuerungen auf den Weg bringen. Nicht selten aus der Not geboren; na und!

Mit gerade einmal 12 Prozent Selbständigen liegt Deutschland deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Und die „Einzelkämpfer“ verdienen dabei besondere Beachtung und Wertschätzung, denn sie machen in Deutschland mit 57 Prozent die klare Mehrheit der Selbständigen aus!Also insgesamt: Harte Zeiten für „Solo-Selbständige“, aber Hochachtung vor all denen, die es auf eigene Faust versuchen und nicht gleich nach dem Staat rufen!

© Dr. Walter Döring

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