Es besteht Handlungsbedarf: Unsere Infrastruktur liegt im Argen!
Fragt man die Menschen danach, „was Deutschland
voranbringt“, dann rangiert die Infrastruktur ziemlich weit hinten: Unsere
Straßen, Schienen, Brücken, Netze und somit die Lebensadern unserer Wirtschaft,
von der Beschäftigung und Wohlstand abhängen, setzen die Deutschen bei den für
sie wichtigen Themen auf Rang 17! Infrastrukturmaßnahmen wie die Verbesserung
der Verkehrsachsen haben offenbar keine Lobby. Dabei wäre dies dringend nötig,
denn der Zustand der Verkehrswege in Deutschland ist alarmierend schlecht.
Zwar verweisen Politik, Konzerne und Verbände im Zusammenhang
mit der „Wirtschaftsmacht Deutschland“ auf die ihrer Meinung nach „beste
Infrastruktur der Welt“, aber Deutschland lebt hier längst von seiner Substanz.
Die führende Exportnation Deutschland ist dringend auf eine perfekt
funktionierende Logistik angewiesen, aber Straßen und Brücken sind marode;
nicht nur die Kochertalbrücke muss dringend saniert werden. Erfreulicherweise
wird dies aktuell mit einem 15-Millionen-Euro-Aufwand in Angriff genommen. Das
ist ein Bruchteil dessen, was bundesweit notwendig ist.
Allein für den Erhalt
der Verkehrsinfrastruktur hat die renommierte Daehre-Kommission gerade einen
Fehlbetrag in Höhe von jährlich 7,2 Milliarden Euro errechnet. Die IHK von
Nordrhein-Westfalen hat die Meinung von 3 000 Unternehmern abgefragt und danach
festgestellt: „Die Investitionen des Staates in die Verkehrsinfrastruktur sind
absolut unzureichend“. So unzureichend, dass sich zahlreiche Unternehmer dazu
bereit erklärt haben, höhere Abgaben zu zahlen, damit ihre Arbeitsbedingungen
auf der Straße verbessert werden. Das kommt nicht von ungefähr und sollte als
ein Warnsignal wahrgenommen werden: 80 Prozent des Wachstums im gesamten
Güterverkehr entfallen auf das Straßennetz.
Der Verkehr auf der Straße wird
sich bis 2013 verdoppeln. Die Straße wird also dringend gebraucht. Marode
Brücken und Straßen verursachen durch dadurch bedingte Tempolimits oder gar
Vollsperrungen zeitraubende und kilometerlange und damit sehr teure Umwege;
deshalb die Bereitschaft der Unternehmen, mehr zu zahlen.
Das ist im Grunde nicht in Ordnung, denn das vom Staat aus
den Steuern und Abgaben aus dem Straßenverkehr eingenommene Geld würde
ausreichen, wenn nicht nur 25 % davon auch tatsächlich in den Straßenbau
zurückfließen würden. Das heißt nach einer Darstellung von Birger Nicolai: „Nach
Berechnungen von Verkehrslobbyisten subventioniert der Straßenverkehr die
öffentlichen Kassen jedes Jahr mit 36 Milliarden Euro“!
Der hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister Florian
Rentsch fordert deshalb einen Fonds nach dem Schweizer Modell: „Die Einnahmen
aus Maut und verkehrsbezogenen Steuern wie der Mineralölsteuer sollten einen
Fonds speisen, aus dem die Infrastruktur finanziert wird“.
Die Tatsache, dass Handlungsbedarf besteht, zeigen auch die
gegenwärtig laufenden Koalitionsverhandlungen: Der bayerische Ministerpräsident
Seehofer ist schon lange für eine Maut, die Länderchefs mit einmal mehr und
einmal weniger Leidenschaft im Grunde auch; die Kanzlerin zögert – noch. Damit wäre dann evtl. was für Brücken und Straßen getan.
Zur Verkehrsinfrastruktur gehören aber auch die Schienen,
die Schifffahrtswege, die Flughäfen und die Netze für die Telekommunikation.
Bei der Bahn haben wir vor kurzem in Mainz erlebt, wie
anfällig auch andere Bereiche unserer Infrastruktur sind.
Bei den Netzen geht es um die Stabilisierung der
Hauptschaltleitung in Brauweiler. Ein Ausfall dort, der mittlerweile nicht mehr
gänzlich ausgeschlossen werden kann, würde in kurzer Zeit zu einem
weitflächigen Stromausfall in Europa führen.
In Brunsbüttel haben wir die wichtigste Einfahrt in den
Nord-Ostsee-Kanal; die beiden großen Schleusenbecken dort werden im nächsten
Jahr 100 Jahre alt. Nach einem Bericht der WELT ist diese Einfahrt „derart
marode, dass sie im vergangenen Jahr erstmals für zehn Tage komplett für große
Schiffe gesperrt werden musste. Die Folgen: Weite zeitaufwendige Umwege und
hohe Kosten für dafür mehr benötigten Sprit.
Gleiches gilt für Flughäfen: ist Frankfurt überlastet,
werden ebenfalls „Umwege“ notwendig mit ebenfalls enormen zusätzlichen Kosten.
Wer also den wirtschaftsstärksten Raum in Europa sichern und
Arbeitsplätze und Wohlstand in Deutschland erhalten will, der muss einsehen,
dass in einem lange vernachlässigten Feld dringender Handlungsbedarf besteht:
Unsere Infrastruktur muss uns was wert sein; das wird kosten!
© Dr. Walter Döring
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