Auch 25 Jahre nach dem Fall der Mauer bleiben Freiheit und Demokratie herausgefordert

Die ausgesprochen gelungenen und teilweise berechtigterweise ja auch geradezu euphorischen Feierlichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum des Mauerfalls vom zweiten November-Wochenende sind verklungen. Nun hat uns der Alltag hat wieder – und von der Euphorie von „vor kurzem noch“ ist so wenig geblieben wie von der Euphorie des „Aufbruchs in die Freiheit“ vor 25 Jahren, als die Mauer im November 1989 gefallen war. Fast ist man dazu verleitet, zu sagen: Im Gegenteil. Denn es sieht aktuell eher so aus, als ob die uns bekannte und von den Bürgerrechtlern der damaligen DDR erkämpften Werte Freiheit und Demokratie auch für den Osten unseres Vaterlandes insgesamt in die Defensive geraten sind und weltweit an Anziehungskraft verlieren.

Richard Herzinger dazu am 9. November 2014 in der WELT: „War damals die Erwartung weit verbreitet, universale Prinzipien wie Menschenrechte und Pluralismus würden sich unaufhaltsam durchsetzen und es könnte eine auf ihnen basierende Weltordnung entstehen, so erleben wir heute erschreckende Rückfälle in gewaltsame Eroberungspolitik, ethnischen Nationalismus und religiösen Extremismus.“

Ein Blick auf die Realität fern aller Begeisterung und Euphorie führt zu Ernüchterung und großer Besorgnis: Im Nahen Osten sind die Hoffnungen des „arabischen Frühlings“ längst verflogen, an seine Stelle sind Anarchie und „Exzesse bestialischer Gewalt“ getreten. Russland und China verfestigen ihre autoritären Gegenmodelle zur offenen freiheitlichen Gesellschaft der westlichen Demokratien.

Demokratie und Freiheit sind aber nicht nur von außen, sondern auch im Innern gefährdet: Wir erleben eine immer stärkere staatliche Bevormundung der Bürger durch Verbote und Vorschriften bis tief in unsere Privatsphäre hinein.

Umso mehr geht es darum, den Wert von Freiheit und Demokratie wieder deutlich zu machen und dabei die „Balance zu halten“.

Dies heißt auch: Der Staat darf auf keinen Fall „abdanken“, wie Ulf Poschardt zu Recht im Zusammenhang mit der dramatisch und alarmierend steigenden Zahl von Einbrüchen – im November in Karlsruhe ein Plus von 40 Prozent, über das Wochenende vom 14. bis 16. November in der Region Stuttgart mehr als 50 gemeldete Einbrüche! - gewarnt hat: „Freiheit beginnt mit Sicherheit, und wenn der Bürger das Gefühl hat, sie in die eigenen Hände nehmen zu müssen, steht dem Gelingen unseres Zusammenlebens eine düstere Zukunft bevor.“

Die einstmals geltende Forderung nach „Weniger Staat“ war wie alle Vereinfachungen schon immer falsch, weil undifferenziert: Der Staat ist gefordert, die innere und äußere Sicherheit zu garantieren, wir alle sind gefordert, die Werte von Freiheit und Demokratie zu achten und wo immer notwendig zu verteidigen!

Der Blick nach außen zeigt auch, dass Gefahr für Freiheit und Demokratie von Seiten drohen kann, die man im „freiheitlich-demokratischen Hafen wähnte“: Ungarn, ausgerechnet in Ungarn, von wo vor 25 Jahren so viele entscheidende Schritte zum Durchbruch hin zu einer westlichen, demokratischen und freiheitlichen Welt ausgingen, erklärt der Regierungschef „das Ende der liberalen Epoche und liebäugelt mit Putins neuem Autoritarismus“.

Herzinger: „Die Gefahr eines Rollbacks der Errungenschaften von 1989/90 führt uns vor Augen, dass der Freiheitskampf, der damals erfolgreich geführt wurde, noch keineswegs zu Ende ist“.
Großartig, dass es auch sehr ermutigende Gegenbeispiele gibt, die die Attraktivität der Freiheitsidee bestätigen: In der Ukraine fanden inmitten eines beklagenswerten Kriegszustands und einer militärischen Bedrohung von außen korrekte demokratische Wahlen statt, aus denen die Freiheits- und Demokratieanhänger als Sieger hervorgingen. Polen beweist seit mehr als zehn Jahren, dass die westlichen Werte von Freiheit, Demokratie, Rechtsstaat und Pluralismus zum Erfolg führen: Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Aufschwung sind beispielgebend. Die Rumänen zeigten am 16. November mit ihrer Wahl des Siebenbürger Sachsen Klaus Johannis zu ihrem Staatspräsidenten, dass sie mehr Gemeinwohl und Demokratie wollen. Hongkong und Tunesien sind weitere Hoffnungsträger.

Dennoch ist gerade jetzt die Demokratie herausgefordert wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Es geht um die Abwehr von Unrecht und Unfreiheit. Es geht um die weltweite Ablehnung von Kolonialismus, Rassismus, Nationalismus und Totalitarismus in seiner faschistischen oder kommunistischen Form.


Die Gefahr, die auch darin besteht, dass in unseren westlichen Demokratien Freiheit, Wohlstand und Demokratie als selbstverständlich, da nie etwas anderes gekannt, und deshalb ungefährdet betrachtet werden, ist so groß wie die Bedrohung von außen, weshalb wir den weltweiten Herausforderungen, vor denen Freiheit und Demokratie täglich – auch heute, 25 Jahre nach dem Fall der Mauer - stehen, wachsam und auch kämpferisch begegnen müssen.

© Walter Döring

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