Der Osten holt auf – das Ruhrgebiet fällt zurück: Leipzig spitze, Oberhausen Schlusslicht
Donnerwetter: Was die WirtschaftsWoche und Immobilienscout24
in ihrem diesjährigen gemeinsam erforschten Städteranking als Ergebnis
vorstellten, ist überraschend, beeindruckend, ermutigend und alarmierend
zugleich: Leipzig liegt weit vorne, Erfurt holt mächtig auf, unter den
„schlechtesten Großstädten ist keine mehr aus dem Osten zu finden“, aber „der
Niedergang des Ruhrgebiets ist scheinbar nicht mehr aufzuhalten“.
Der Reihe nach: Leipzig gehört zu den dynamischsten
Großstädten Deutschlands. Erfurt und Dresden landeten ebenfalls in der
Spitzengruppe. Leipzig punktet vor allem mit Ansiedlungen von Porsche, BMW und
Siemens, sowie den Logistikstandorten von Amazon, Ebay und DHL. Diese
attraktiven Arbeitgeber haben junge, gut ausgebildete Menschen angezogen, den
Immobilienmarkt attraktiviert, die Infrastruktur spürbar verbessert und in
Summe dazu geführt, dass Leipzig als dynamischster Standort in Ostdeutschland
auch schon „Hypezig“ genannt wird. Eine tolle Entwicklung für die Stadt, die in
2015 1 000 Jahre alt wird, und deren „Leipziger Messe“ nächstes Jahr ihr
850-jähriges Jubiläum feiert.
Während „der Osten“ mittlerweile diesem Ranking zufolge
kontinuierlich aufholt und seine Positionierungen Jahr für Jahr verbessert,
verharren die Städte des Ruhrgebiets wie in den Vorjahren sowohl im Niveau- als
auch im Dynamikranking auf den letzten Plätzen; einzige Ausnahme Dortmund.
München bleibt zwar bundesweit unangefochten an der Spitze,
darf mit zusätzlichen Investitionen und neuen Ansiedlungen – Microsoft 2016,
IESE aus Barcelona schon 2015 und die Sorin Group ebenfalls nächstes Jahr –
rechnen, was sich auf weiter steigende immobilienpreise auswirken wird, und
auch Wolfsburg ragt mit VW und weiteren Investitionen dieses weltweit führenden
Autobauers heraus, aber Leipzig hat von 2008 bis 2013 den mit Abstand größten
Beschäftigten- (plus 19,5 %) und Einwohnerzuwachs (plus 5,7 &) zu
verzeichnen. In weniger als zehn Jahren ist die Arbeitslosenquote von fast 20
auf unter 10 Prozent gesunken. Und nirgendwo sonst wurde in Ostdeutschland so
viel in die Infrastruktur investiert wie in Leipzig. Das motiviert auch Porsche
dazu, in den Standort Leipzig weiter zu investieren: Porsche begann mit 300
Mitarbeitern, heute sind es 3 000 und bald werden es 4 000 sein, denn: „Alle
Porsche-Viertürer werden in Leipzig gebaut“, beschreibt Porsche
Produktionsvorstand Oliver Blume die
Pläne des Konzerns.
Von BMW kommt die gesamte Elektroflotte des Konzerns aus
Leipzig, 170 Zulieferer sind Porsche und BMW gefolgt, DHL hat vor sechs Jahren
ihr weltweites Drehkreuz von Brüssel nach Leipzig verlagert, Amazon ein
Großlager in Flughafennähe errichtet, und Ebay baut ein weiteres. Und nicht
zuletzt ist die Universität ein wesentlicher Erfolgsfaktor: Der Städtetest
belegt nach einem Bericht der WirtschaftsWoche, wie stark Bildung, Forschung
und Wissenschaft die Standortqualität einer Stadt beeinflussen. Hochschulen und
Forschungsinstitute ziehen nicht nur „Humankapital“, also Studenten und
Wissenschaftler an, sondern sie zählen auch zu den größten Arbeitgebern, was
Kaufkraft schafft, die Lebensqualität steigert, und die Versorgung mit
Fachkräften wenn nicht sichert, so doch erleichtert.
Strich drunter: „Der Osten ist nicht mehr das Sorgenkind“.
Diese Rolle nimmt seit Jahren das Ruhrgebiet ein; mit bedauerlicherweise wenig
hoffnungsvollen Perspektiven. Der industrielle Niedergang führte zu abnehmender
Attraktivität, zu steigenden Arbeitslosenzahlen, sinkenden Bevölkerungszahlen
und in Städten wie Oberhausen, Gelsenkirchen und Herne nahezu zu „ohnmächtiger
Perspektivlosigkeit“. Henning Krumrey: „Der Niedergang des Ruhrgebiets ist
scheinbar nicht mehr aufzuhalten. Das Ruhrgebiet kommt aus eigener Kraft nicht
mehr auf die Beine“.
Fazit: Der Süden mit Bayern – München, Ingolstadt, Würzburg
- und Baden-Württemberg - hier vorneweg Stuttgart, Freiburg und Karlsruhe -
bleibt stark, der Osten holt deutlich auf, das Ruhrgebiet fällt noch weiter
zurück. Der Abstand der schwachen Städte zum Mittelfeld vergrößert sich;
Krumrey: „Die starken Standorte werden immer stärker, die schwachen immer
schwächer“.
© Walter Döring
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