Der „Brexit“, eine unterschätzte Gefahr – Die EU aber braucht Großbritannien!

Seit zweieinhalb Jahren geht ein Gespenst um in Europa: Der „Brexit“, also der Austritt Großbritanniens aus der EU.

Der Tag der Entscheidung rückt näher: Vor zweieinhalb Jahren versprach Großbritanniens Premierminister David Cameron seinen Landsleuten auf der Insel, er werde sie spätestens 2017 über eine weitere Mitgliedschaft ihres Landes abstimmen lassen. Die Zeit bis dahin will er - mit absoluter Regierungsmehrheit ausgestattet und dadurch deutlich gestärkt - mit den anderen EU-Ländern verhandeln und ihnen seine vielfaltigen Forderungen vortragen:
So müsse Großbritannien das Recht bekommen, sich von dem Ziel einer immer engeren Union abzukoppeln, ohne dadurch jedoch gegenüber den Mitgliedern der Euro-Zone benachteiligt zu werden. Außerdem will er die Sozialleistungen für EU-Migranten in seiner Heimat deutlich reduzieren. Ein weiterer Punkt in seinem Katalog ist die „unbedingte Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Länder“ in der EU.

Die Brüssel schon lange, ja gewissermaßen traditionell, skeptisch-ablehnend gegenüber stehenden Briten sagen klar und deutlich: Entweder die EU passt sich den britischen Vorstellungen an, oder das Königreich verlässt die Gemeinschaft.
Keine Frage: Das Gespenst „Brexit“ ist eine reale Gefahr für die EU!

Yvonne Esterhazy in der WirtschaftsWoche: „Ja, man will das Volk abstimmen lassen. Nein, man will Europa nicht um jeden Preis verlassen. Aber so bleiben, wie es ist, dürfe Europa eben auch nicht. Das ist für Cameron wichtig, nur dann kann er auf ein Ja der skeptischen Briten hoffen“.

Die jüngsten Umfragen auf der Insel zeigen ein gespaltenes Land: Die EU-Gegner lagen bei 40 Prozent, die Befürworter bei 38.

Da selbst die Wirtschaft Großbritanniens, die vor 40 Jahren 1975 bei der letzten Volksabstimmung über Europa unbedingt in die EU wollte, heute gespalten ist, bleibt es spannend. Beobachter sehen aktuell die EU-Ablehner auf dem Vormarsch.
Sie erhalten Zulauf seit der Banken-, Staatsschulden-, Griechenland- und Flüchtlingskrise.
Ein „Brexit“ aber, so völlig zu recht der Chefökonom des Handelsblatt Research Institutes, Dirk Heilmann, würde „die EU in eine Sinnkrise stürzen - und er wäre auch ökonomisch ein Desaster“.

Uns Deutschen würde der wichtigste Verbündete für eine Ausweitung und Vertiefung des Binnenmarkts abhandenkommen.
Genauso dramatisch:  Auch sicherheitspolitisch würde die EU an Statur und Profil verlieren.
Darüber hinaus würde ein „Brexit“ auch wirtschaftlich eine „empfindliche Lücke“ reißen. In allen relevanten Bereichen befindet sich Großbritannien in der europäischen Spitzengruppe: Mit 65 Millionen Einwohnern Platz drei nach der Bevölkerungszahl, mit 2,22, Billionen Euro Bruttoinlandsprodukt auf Platz zwei in der EU und mit 2,6 Prozent Wachstum im Jahr 2014 gleichauf mit Europas besten Wirtschaftsnationen. Dadurch ist auch die Erwerbsbeteiligung auf der Insel mit rund 75 Prozent so hoch wie noch nie zuvor.

Die Forschungsinstitute sagen eine weitere überdurchschnittlich positive Entwicklung voraus, obwohl Großbritannien seine Abhängigkeit vom Finanzsektor nicht reduzieren konnte und der Industrieanteil sogar noch weiter auf jetzt unter zehn Prozent - zum Vergleich Deutschland: über dreißig Prozent - gefallen ist.
Da auch die Bevölkerungswachstumsprognosen deutlich nach oben zeigen bis dahin, dass dieses Land mit Deutschland als bevölkerungsreichstes Land in der EU auf absehbare Zeit gleichziehen wird, droht mit einem „Brexit“ gleich ein mehrfacher Verlust für die EU.
Dirk Heilmann:  „Würden die Briten die EU verlassen, verlöre sie einen Wachstumspol mit einer wachstumsfreundlichen demografischen Entwicklung. Zugleich läge das weltweit bedeutendste Finanzzentrum London, ein Magnet für Talente aus der ganzen Welt, außerhalb der EU“.

Wir sollten auf eine gemeinsame Klima- und Energiepolitik sowie auf eine neue positive „Story“ setzen; z. B. auf einen digitalen Binnenmarkt, der Wachstumsimpulse für eine neue Gründergeneration auslöst. Und im Übrigen sollten wir auch den einen oder anderen Wildwuchs in der EU zurückschneiden, damit den Briten ein Ja zur EU leichter fällt, denn die EU braucht aus vielen Gründen, nicht zuletzt auch aus kulturellen, Großbritannien!


© Dr. Walter Döring

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