Für einen Einsatz der Bundeswehr auch im „Inneren“!
Mehrere Innenminister der Länder und weite Teile der CDU
rühren angesichts der Terroranschläge in Paris und Brüssel an einem bisher unverrückbaren
Tabu – und können dabei auf die
Unterstützung des Bundesverfassungsgerichts setzen: Es geht um den Einsatz der
Bundeswehr auch im „Inneren“, also z. B. zur Terrorbekämpfung und zur
Grenzsicherung.
Im August 2012 trafen sich zum fünften Mal in ihrer
Geschichte acht Richter des Ersten und die acht Richter des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts gemeinsam zu einer Plenarsitzung, um über die Frage
zu beraten, wie weit der Einsatz der Bundeswehr im Inneren gehen darf.
Ergebnis: Die Bundeswehr kann bei einem Ereignis „von katastrofischen
Dimensionen“ auch mit Kampfmitteln im Inland zum Einsatz kommen.
Darauf berief sich jetzt im Vorfeld der genannten
Innenministerkonferenz deren Vorsitzender, der Saarländische Innenminister
Klaus Bouillon, als er in einem Interview mit dem FOCUS „mehr Mut im
Anti-Terror-Kampf“ einforderte und weiter ausführte: „Wir müssen auch die
Bundeswehr im Inneren schnell einsetzen können. … Wir reden über terroristische
Gefahren. Wo mit Bomben und Kriegswaffen agiert wird, stößt unsere Polizei
schnell an ihre Grenzen. Deshalb sollten wir - wie in einigen europäischen
Ländern auch - unsere Streitkräfte einsetzen dürfen. … Nichts würde unseren
Staat mehr erschüttern als das begründete Gefühl der Bürger, erklärten
Staatsfeinden ausgeliefert zu sein. Deshalb werden wir bei der nächsten Innenministerkonferenz
im Juni auch über den Einsatz der Bundeswehr im Inneren sprechen“.
Die Bundeskanzlerin soll dem Vernehmen nach – noch – dagegen
sein. Nun hat jedoch auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen
nachgelegt und in einem Positionspapier ihres Hauses ebenfalls den Einsatz der
Bundeswehr im Inneren angeregt.
Laut einem ersten Entwurf für das „Weißbuch 2016 zur
Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“, aus dem Mitte April die
„Süddeutsche Zeitung“ zitierte, wird erwogen, Einsätze zur Terrorabwehr per
Grundgesetzänderung zu ermöglichen.
„Charakter und Dynamik gegenwärtiger und zukünftiger
sicherheitspolitischer Bedrohungen“ machten „Weiterentwicklungen erforderlich,
um einen wirkungsvollen Beitrag der Bundeswehr zur Gefahrenabwehr an der Grenze
von innerer und äußerer Sicherheit auf einer klaren Grundlage zu ermöglichen“,
heißt es in dem Entwurf von der Leyens.
Unterstützung bekamen die Befürworter dieses bisher „nahezu
Undenkbaren“ von Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für
Verfassungsschutz. Er erklärte in einem großen Interview mit der WELT am
Sonntag am 10. April 2016, dass „der Begriff Terror den IS verniedlicht“.
Konkret führte er aus: „Der IS sucht nicht nur die militärische
Auseinandersetzung in Syrien, sondern verübt in vielen Regionen auf der Welt seine
Anschläge. Der Begriff „Terror“ verniedlicht deshalb den IS. Wir haben es
vielmehr mit einer kriegerischen Auseinandersetzung zu tun“.
Das TIME Magazin titelte im letzten Jahr nach den Anschlägen
in Paris: „World War ISIS“.
„Kriegerische Auseinandersetzungen“, gar „world wars“ sind
aber nun sicher nicht mehr alleine von der Polizei zu führen, sondern von denjenigen
Kräften, die für „militärische“ Aktionen ausgebildet sind: Die Bundeswehr.
Ende des vergangenen Jahres hat eine Umfrage ein „Ja“ der
Bevölkerung zu einem Einsatz der Bundeswehr im Innern ergeben. Daraufhin sagte
Unionsvize Franz Josef Jung: „Die Bundeswehr muss dann helfen können, wenn die
Fähigkeiten der Polizei beispielsweise bei der Terrorabwehr nicht mehr
ausreichen.“
Der CSU-Sicherheitsexperte Florian Hahn sekundierte: „Die
Bundeswehr hat sich als stabile und überaus demokratische Institution unseres
Landes bewährt. Vorbehalte gegen einen Einsatz im Innern sind unberechtigt und
fast schon eine Beleidigung für den
Staatsbürger in Uniform.“
SPD und Grüne sehen bisher „absolut keinen Bedarf für diese
Diskussion“ und meinen, wer diese führe, säe „Zweifel an den Fähigkeiten der
Polizei“.
Niemand bezweifelt die Fähigkeiten der Polizei, aber zum
einen sollte diese sich mehr um die innere Sicherheit kümmern können, mit der
es angesichts dramatisch gestiegener Einbruchszahlen wahrlich nicht zum besten
bestellt ist, und zum andern ist sie für den Einsatz bei den zitierten
„kriegerischen Auseinandersetzungen“ weder ausgebildet noch gerüstet.
Da Westeuropa, und damit natürlich auch die Bundesrepublik
Deutschland, vom IS zum „Feind“ erklärt wurde, der angegriffen und mit dem
Einsatz auch von Bomben „besiegt“ werden soll, handelt es sich hier um
„Kriegserklärungen“ gegen unsere freiheitliche Gesellschaft, die sich dagegen
zum Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger mit allen Mitteln wehren muss – auch
mit dem Einsatz der Bundeswehr im Innern!
© Dr.
Walter Döring