Ohne Ehrenamtliche und ohne Stifter wäre unsere Gesellschaft ärmer

Schon Perikles stellte in der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts vor Christus fest: „Der individuelle Beitrag zu allgemeinem Wohl ist unverzichtbar für ein sinnerfülltes Leben“, ehe Kaiser August im „cursus honorum“ forderte: „Die Tugend der aktiven Bürgerschaft muss durch den Einsatz für das Gemeinwohl erkennbar werden!“

Christen sehen in der Nächstenliebe den Einsatz für „den Nächsten“, Ordensgründungen standen und stehen für zumeist ehrenamtliches Engagement in ganz unterschiedlichen Bereichen.
Ziel war immer: Einspringen da, wo „der Staat“ alleine überfordert wäre.

Über die Jahrtausende konnte und kann sich der Staat auf Ehrenamtliche verlassen.
Dies gilt auch aktuell im Jahre 2017 für die Bundesrepublik Deutschland:
Ende Februar diesen Jahres ist eine umfangreiche Studie von statista zu den freiwilligen Helfern, den in ganz unterschiedlichen Feldern ehrenamtlich Tätigen, veröffentlicht worden. Dabei sind eine ganze Menge an interessanten Daten und Fakten zutage getreten:
Ganz am Anfang steht die erfreuliche Tatsache, dass die Zahl der ehrenamtlich Tätigen in Deutschland seit Jahren steigt: Von 12,21 Millionen Ehrenamtlichen im Jahr 2012 um 17,6 Prozent auf 14,36 Millionen im Jahr 2016.

Gewiss eine positive Entwicklung, aber gemessen am Anteil der ehrenamtlich Tätigen an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter liegt Deutschland mit 36 Prozent im internationalen Vergleich gerade mal im Mittelfeld; vorne sind Norwegen mit 57, die USA mit 56 und Kanada mit 49 Prozent.
In Deutschland selbst sind die Rheinland-Pfälzerinnen und –Pfälzer zusammen mit den Badenern und Schwaben in Baden-Württemberg am engagiertesten: Jeweils 48 Prozent der Bevölkerung dieser beiden Bundesländer sind ehrenamtlich im Einsatz; in Hamburg sind es lediglich 36 Prozent.
Ganz vorne bei den „Ehrenämtlern“ steht der Einsatz im und für  den Sport. In diesem Bereich sind 16 Prozent „dabei“, jeweils 9 Prozent haben die drei Bereiche Musik/Kultur,  Kindergarten/Schule sowie „Soziales“ für sich ausgesucht, es folgt Religion mit 8 Prozent vor Umwelt/Tierschutz und Politik mit dann jeweils gerade noch 4 Prozent.

Nun steht jedes ehrenamtliche Engagement völlig zu recht grundsätzlich in einem „guten Licht“ da, aber es ist auch nicht ganz uneigennützig. So geben die meisten als Motiv an: „Spaß haben“, gefolgt von „mit anderen Menschen zusammenkommen“, „Gesellschaft mitgestalten“, „Qualifikationen erwerben“, „Ansehen und Einfluss gewinnen“ und schließlich auch ganz offen: „Beruflich vorankommen“.

Keines der hier in der Statistik genannten Motive spielte für die Hunderttausende von Ehrenamtlichen eine Rolle, als es im Herbst 2015 darum ging, die im wahrsten Sinne des Wortes ungezählten Flüchtlinge zu betreuen, ihnen Hilfestellung jeder Art zuteilwerden zu lassen. Eine weltweit beachtete Leistung der freiwilligen Helferinnen und Helfer, ohne die „das System“ völlig zusammengebrochen wäre; großes Glück nicht nur für die Ankommenden, sondern auch für Frau Merkel, der nach Meinung vieler Beobachter diese enorme Hilfsbereitschaft der zahlenmäßig gar nicht erfassten Ehrenamtlichen ihr die Kanzlerschaft im Herbst 2015 gerettet haben.

Aber nicht nur ohne die Ehrenamtlichen wäre unser Staat an vielen Stellen überfordert und unsere Gesellschaft ärmer, sondern auch ohne die zahlreichen großen und kleinen Stiftungen, seien es die von großen Unternehmen, vermögenden Einzelnen oder eben auch die vielen kleinen von „Menschen wie Du und ich“: 20 000 Stiftungen gibt es in Deutschland. Auch sie springen in vielen Fällen da ein, wo der Staat alleine überfordert wäre, zu wenig oder sogar gar nichts tut.

Bei den Stiftungen gilt es zunächst einmal, mit Vorurteilen aufzuräumen: Einerseits stimmt es, dass in manchen Stiftungen tatsächlich „Milliarden von Milliardären“ stecken, andererseits wird aber oft übersehen: Die allermeisten Stiftungen sind eher als „klein“ zu bezeichnen: Viele haben nur wenig Kapital: 26 Prozent aller Stiftungen in Deutschland verfügen über ein Stiftungskapital von weniger als 100 000 Euro, 46 Prozent über weniger als 1 Million Euro, immerhin 23 Prozent verfügen über ein Stiftungskapital von bis zu zehn Millionen Euro und nur 5 Prozent bis zu 100 Millionen Euro. Hinzu kommt ein knappes Dutzend an Stiftungen mit einem Stiftungskapital von etwa einer Milliarde bis zu über 5 Milliarden, die die Dietmar Hopp Stiftung aufweist. Stifter Dietmar Hopp brachte es in der WirtschaftsWoche vom 5. Mai 2017 folgendermaßen auf den Punkt: „Eigentum verpflichtet, Reichtum noch viel mehr. Er verpflichtet uns dazu, für andere einzustehen, Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen und dort einzusteigen, wo die öffentliche Hand sich nicht dazu in der Lage sieht oder schlicht überfordert ist, zu investieren und zu helfen“.

Ohne diese Stiftungen, ganz gleich welcher Größe, gäbe es weniger Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Bildungs- und Ausbildungsunterstützung, weniger „für alle“ zugängliche Kultureinrichtungen, weniger Integrationsmaßnahmen und ganz allgemein weniger Lebenshilfen auf völlig unterschiedlichen Gebieten.


Unsere Gesellschaft wäre ärmer ohne Ehrenamtliche und ohne Stiftungen. Wenn sich jeder nach seinem Vermögen, nach dem, was er zu leisten vermag, ob „mit Geld“ oder mit Zeit und Arbeit, in seine / unsere Gesellschaft einbringt, wird sie eine „reiche“ bleiben.

© Dr. Walter Döring

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