Habt – zur Not - Mut zu einer Minderheitsregierung!

Eine historische Europawahl, eine ebenfalls durchaus auch „historisch“ zu nennende Bürgerschaftswahl in Bremen, eine Regierungspartei SPD im gleichfalls „historischen“ Niedergang und eine grüne Opposition im Höhenrausch, die Angst vor dem Bekenntnis zu einem ihr von den Mainstream-Medien „aufgeschriebenen“ Kanzlerkandidaten hat, dazu eine nach kurzer Zeit schon auch in den eigenen Reihen hinsichtlich ihrer Kompetenz hinterfragte CDU-Chefin „AKK“ – all das liegt hinter bzw. „bei“ uns.

Und was liegt vor uns? Wenn es nach dem „Stern“ geht, ein Kanzler Robert Habeck, wenn es nach dem „SPIEGEL“ geht, ein SPD-Vorsitzender Kevin Künast, und wenn es nach „Welt“ und „Zeit“ geht, eine bald zurücktretende Bundeskanzlerin Angela Merkel. Daran „arbeiten“ aber auch andere: wie üblich „Leute aus den eigenen Reihen“: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sieht ebenso wie Friedrich Merz die GroKo „im Herbst, spätestens zu Weihnachten“ am Ende, und auch „Parteifreunde“ Merkels aus der vierten Reihe wie der frühere Wirtschaftsrats-Präsident der CDU, Kurt Lauk, drängen mit einer „sofortigen“ Rücktrittsforderung für drei Zeilen nochmal in die Medien.

Alles – zumindest „ein bisschen“ – voreilig.

Deshalb zuerst zu einem seit Jahrzehnten geltenden „Sinnspruch“ des großen Sozialdemokraten Kurt Schumacher: „Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit“.

Und die sieht erstmal so aus: In allen Umfragen, wer denn Kanzler/in bleiben oder werden solle, führt Angela Merkel mit mehr als 50 Prozent meilenweit vor allen möglichen und unmöglichen Kandidaten oder auch Kandidatinnen. Für die klare Mehrheit der Wählerinnen und Wähler steht sie für Stabilität und Verlässlichkeit in einer nahezu täglich unsicherer werdenden Welt. Und allen Untergangsszenarien zum Trotz hat die wenig geliebte GroKo gerade erst eine Reihe von Gesetzen durch den Bundestag gebracht und damit zum Erstaunen vieler bewiesen, dass sie halt doch noch regieren kann – wenn sie denn nur will.

Hinzu kommen ganz einfache, dafür sehr „menschliche“ Überlegungen gar nicht weniger Bundestagsabgeordneter; männlicher wie weiblicher gleichermaßen: Bei Neuwahlen „jetzt“ würden mehrere Dutzend Abgeordnete von CDU und SPD nicht nur ihr Mandat, sondern auch ihre Altersversorgung verlieren. Zumindest deren Drang nach Neuwahlen dürfte sehr überschaubar ausgeprägt sein.

Und auch das sollten alle „Neuwahl-Begeisterte“, wenn sie es schon nicht wissen, so doch sich sagen lassen: Die Auflösung des Bundestages ist alles andere als einfach. Klar kann die Bundeskanzlerin zu jeder Zeit den Bundespräsidenten um ihre Entlassungsurkunde bitten, wonach sich „AKK“ im Bundestag zur Wahl stellen könnte. Aber wer soll sie wählen? Die SPD hat erklärt, dass sie dies nicht machen würde; gut, sie hat schon viel erklärt, z. B. ja auch, dass sie nicht in eine GroKo eintreten würde. Dennoch: Stand heute würde sie AKK nicht wählen. Die Grünen haben überhaupt kein Interesse daran, ohne Neuwahlen eine neue Kanzlerin bzw. einen neuen Kanzler zu wählen. Die FDP ist längst nicht mehr das berühmte „Zünglein an der Waage“ und über ein Abstimmungsverhalten von Linken und AfD muss man gar nicht erst spekulieren.

Nun steht im Koalitionsvertrag, dass man im Herbst 2019 „bilanzieren“ wolle, um danach über die Fortsetzung der GroKo zu entscheiden. Teile der SPD wissen heute schon, wie die Bilanz trotz einer ganzen Reihe von sozialdemokratischen Erfolgen in dieser Koalition ausgehen wird: Raus aus der GroKo. Mit welchem Spitzenpersonal sie dann in Neuwahlen gehen will, ist nicht nur Außenstehenden ein Rätsel.

Selbst wenn wir mal davon ausgehen, dass die SPD aus der Koalition auszuscheiden beschließt und damit aus Angst vor dem Tod Selbstmord begeht, traue ich Angela Merkel und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Mut zu einer Minderheitenregierung zu, den sie schon nach den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen hätte haben sollen. Sie suchen sich dann von Fall zu Fall Mehrheiten für klare Entscheidungen etwa zu einer Erhöhung der Militärausgaben oder zu einer CO2-Steuer im Parlament, das dadurch eine sehr wünschenswerte Aufwertung erfahren würde. Sie könnten auf diese Weise klare Unterschiede für die dann erst 2021 anstehende Wahlentscheidung herausarbeiten und mit konkreter Politik belegen, und Frau Merkel würde in ihrer ganzen „Uneitelkeit“ noch nachhaltiger in die Geschichtsbücher eingehen. Überraschenderweise hat die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg hierfür, zu einer Minderheitsregierung, jüngst in einem WELT-Interview Zustimmung der Liberalen signalisiert.

Angela Merkel weiß um ihre Verantwortung als Bundeskanzlerin der viertgrößten Wirtschaftsmacht der Welt – und dieser Verantwortung kann und würde sie, wenn denn nötig, auch mit einer Minderheitsregierung nachkommen und gerecht werden können; wahrscheinlich, nein: ziemlich sicher sogar besser als jetzt mit dieser nicht einmal mehr waidwunden SPD an ihrer Seite, an der diese im Grunde schon lange gar nicht mehr sein will.

Deshalb: Nur Mut; auch in anderen Ländern der EU haben Minderheitsregierungen relativ „sicher“ und lange regiert; es war z. B. in Dänemark kein Schaden fürs Land!

Dr. Walter Döring

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