Auch wenn noch viel zu tun ist; wir sind besser als unser Ruf!

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Fridays for Future-Demonstrationen haben einen unüberhörbaren Weckruf an alle Entscheider/innen in Politik und Wirtschaft gerichtet, ja geradezu „hinausposaunt“ – so laut, dass dieser weltweit gehört, wahrgenommen und zu Konsequenzen geführt hat. In vielen Bereichen hat ein Wettlauf darum eingesetzt, wer nun mit welchen Maßnahmen der beste Klimaschützer ist; man muss sich dazu z. B. nur einmal die ganzseitigen Anzeigen der „Lebensmittler“ wie Lidl oder auch ALDI ansehen. Unternehmen und Politiker sehen sich von den freitäglichen Klimaschützern – oftmals durchaus zu Recht - in die Defensive gedrängt, aus der sie kaum mehr herauszukommen fürchten.

In vielen Fällen war und ist dieser Weckruf ja auch nötig und überfällig, in vielen Fällen ist es allerhöchste Zeit, aus der Defensive herauszukommen und endlich konkret zu handeln – aber nicht in allen, denn „die“ Wirtschaft ist oftmals besser als ihr Ruf; und auch in der Politik ist einiges in Bewegung gekommen.

Hier der Reihe nach einige „Beweise“: Beginnen wir mit dem weltgrößten Automobilzulieferer Bosch. Vorstandschef Volkmar Denner hat lange vor den Apellen der „Klima-Rettungs-Ikone“ Greta beschlossen und verkündet: Bosch drückt aufs Tempo und wird 2020 klimaneutral sein. Sein Unternehmen wird dafür Milliarden in die Hand nehmen, um „seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden“.

Noch früher dran war SAP. Weltweit richtet sich dieses herausragende Walldorfer Unternehmen nach den „17-UN-Zielen für eine bessere Welt“ und fordert Gleiches von allen seinen zahlreichen Zuliefererbetrieben.

Oder nehmen wir Ritter, den Schokoladen-Produzenten aus Waldenbuch. Inhaber Alfred Ritter hat sich längst der nachhaltigen Produktion verpflichtet und garantiert die Verwendung von „100 Prozent zertifiziertem nachhaltigen Kakao“ von Plantagen von Kleinbauern.

Unternehmer wie Dietmar Hopp und Michael Otto fordern mehr Klimaschutz und eine CO2-Steuer.
Adidas müht sich wie andere Sportausrüster, nur noch recyceltes Plastik einzusetzen: Laufschuh aus Plastikmüll.

Nach Axel Weber, Verwaltungsratschef der UBS drängen „die Investoren die Unternehmen immer mehr dazu, nachhaltiger zu wirtschaften. Banken wie die Umweltbank – „Deutschlands grünste Bank“ – oder auch die GLS-Bank, werben mit „grünen Investments“ und Geldanlagen in „Nachhaltigkeit“, was auch in Brüssel aufgegriffen wurde: Nachhaltigkeitsfaktoren sollen künftig auch eine größere Rolle bei den Ratings, Bewertungen von Unternehmen, spielen.

Radikalstes Beispiel für das schon seit geraumer Zeit zu beobachtende Umdenken in der Wirtschaft: Der Inhaber der Reckhaus GmbH in Bielefeld, spezialisiert auf die Herstellung von Produkten zur Insektenbekämpfung, Hans-Dietrich Reckhaus, ist heute bahnbrechender Vorreiter, wenn es um den Schutz von Insekten geht. Er steht mit „Insect Respect“ für das weltweit einzigartige Gütesiegel für ein ganzheitliches Umdenken in der produzierenden Wirtschaft.

Die Trend- und Zukunftsforscher Mathias Horx und Daniel Dettling schrieben am 6. April in der „Welt am Sonntag“: „Teller, Gabel und Messer werden zu den schärfsten Waffen gegen den Klimawandel. Der Trend zum brutalen Billigfleisch kann so nicht weitergehen. Deutsche Fleischkonzerne investieren massiv in Fleischalternativen. In den USA bereiten Innovatoren wir Beyond Meat die nächste Welle der Fleischsubstitution vor. Und der größte Nahrungsmittelhersteller der Welt, Nestle, hat sich dazu verpflichtet, in den nächsten sechs Jahren alle Verpackungen recycelbar oder sogar biologisch abbaubar zu machen“.

Hohenloher Bauern setzen mit ihrer „Bio-Musterregion Hohenlohe“ eindeutige Zeichen: Klimaschutz, Bio-Diversität, regionale Produktion, Verzicht auf alles, was der Umwelt schadet und Verbraucheraufklärung machen deutlich: Erzeuger und Verbraucher vor Ort stellen sich ihrer Verantwortung.

All diese Anstrengungen und ganz konkreten Maßnahmen haben auch Eingang in die Wirtschaftspolitik gefunden: Ein Ergebnis unter vielen: Die Ziele der Wirtschaftspolitik beschränken sich schon lange nicht mehr vorrangig auf Wachstum, sondern auch auf „Schutz der natürlichen Umwelt“ und „Gerechte Einkommens-und Vermögensverteilung“.

Erstmals werden diese Nachhaltigkeits-Ziele auch in internationalen Handelsverträgen und -abkommen sichtbar: Alle Abkommen der Europäischen Union der letzten Jahre beinhalten Kapitel zu den Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz; egal, ob in JEFTA, dem Abkommen mit Japan, oder in CETA, dem mit Kanada, oder zuletzt auch in dem mit den Mercosur-Staaten – in allen spielt das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle.

Und da zu „Nachhaltigkeit“ auch die Wahrung und Einhaltung der Menschenrechte gehört, hat die Bundesregierung deutsche Unternehmen dazu aufgefordert, auch hier konkret zu handeln.
Erfreulicherweise setzen immer mehr Unternehmen aller Branchen und aller Größenklassen darauf, dass zusammenkommt, was nach Horx und Dettling zusammengehört: „Ökologie und Ökonomie, Technik und Natur, Fortschritt und Schönheit. Das geht. Wetten“?

Hierzu haben der Senat der Wirtschaft, die Akademie der Weltmarktführer und Bundesminister Gerd Müller die „Allianz für Entwicklung und Klima“ gestartet, der sich 330 Verbände und Firmen – auch die Akademie der Weltmarktführer - angeschlossen haben, um mit ihren Unternehmen klimaneutral zu werden.

Klar ist insgesamt natürlich noch längst nicht alles gut; aber bei weitem auch nicht alles so schlecht und apokalyptisch wie häufig überdramatisierend dargestellt. Und: Nicht immer mit dem mahnend erhobenen Finger auf die anderen – „die“ Wirtschaft vor allem – zeigen, sondern auch mal an die eigene Nase fassen: Seit 2001 haben die privaten Flugreisen um 74 Prozent zugenommen und die Zahl der großen SUVs steigt noch immer an!

Und dennoch: Wir sind insgesamt besser als unser Ruf. Und wir arbeiten täglich daran, jeden Tag „a bissle besser“ zu werden; wir schaffen das!

Dr. Walter Döring

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