Nur Mut! Mehr Gründer braucht das Land!
Dieser Tage hat das Handelsblatt eine größere Studie zur
Zahl der Firmengründungen publiziert und dabei zwei Überschriften gewählt, die
aufschrecken. „Vom Mut verlassen“ lautete die eine, die andere „Die Angst vor
dem Risiko“ und fasste gleich zusammen: Zahl der Firmengründungen auf neuem
Tiefstand.
Wie so oft, gilt aber auch hier zunächst, dass die Medaille
„zwei Seiten hat“. Die gute an diesen im Grunde erschreckenden Nachrichten:
Wenn die Konjunktur läuft und damit einhergehend die Arbeitslosenzahlen
vergleichsweise niedrig sind, hat es schon immer eher weniger Gründer gegeben.
Also: Offensichtlich geht es uns aktuell recht gut, und es gibt weniger Anlass,
der drohenden oder tatsächlichen Arbeitslosigkeit durch den Schritt in die
Selbständigkeit zu entgehen.
Die andere Seite der Medaille aber ist weit weniger
erfreulich: Gründer sind in der Regel kreativ, innovativ, eigenverantwortlich
und oftmals „Treiber in Wirtschaft und Gesellschaft“. Während wir 1997 noch
mehr als 500 000 Gründerinnen und Gründer zu verzeichnen hatten, waren es 2012
30 Prozent weniger; gerade noch etwas weniger als 350 000. Etwas vereinfacht
könnte man sagen: Deutschland gingen in den letzten eineinhalb Jahrzehnten mehr
als 30 Prozent an Kreativität und Innovationskraft verloren!
Was der große Ökonom Josef Schumpeter mit seiner Theorie von
der „Kraft der schöpferischen Zerstörung“ als „Motor für die Erneuerung und
Verbesserung von Produktionsverfahren und Erzeugnissen“ beschrieb, macht dem
durchschnittlichen Erwerbstätigen bei uns hier in Deutschland eher bange: Die
Angst vor dem Risiko des Scheiterns ist hierzulande sehr ausgeprägt. Anders als
der wagemutige Unternehmer, der sich des Risikos des Scheiterns bewusst ist,
aber zugleich auch aus Überzeugung in die eigene Leistungsfähigkeit an seinen
Erfolg glaubt, geht er lieber auf Nummer sicher und zieht eine feste Stelle bei
einem Großkonzern der Selbständigkeit vor.
Die im internationalen Vergleich geringe Bereitschaft, mit
Mut und Zuversicht sich für die Selbständigkeit zu entscheiden, hängt auch
damit zusammen, dass wir Gründern nach einem Fehlschlag kaum eine zweite Chance
einräumen; und nicht nur das: Wer in Deutschland scheitert, wird geradezu
stigmatisiert. Und dies überwiegend auch noch von denen, die den „sicheren
Hafen Großbetrieb“ für sich und ihre Familien gewählt haben.
Die Präsidentin des Instituts für Mittelstandsforschung,
Professorin Friedericke Welter, sieht aber auch Politik und Wirtschaft in der
Pflicht: Weniger bürokratische Hürden und mehr erfahrene Business Angels
könnten ihrer Meinung nach weiterhelfen und für eine größere
Gründungsbereitschaft sorgen.
Die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine
ganz andere, viel offenere und realistischere Gründungskultur haben, die auch
mehrfaches Scheitern nicht als „individuelles Versagen“ abstempelt, ist längst
bekannt. Dass aber in den besonders zukunftsträchtigen Feldern der High- und
Mediumtech-Branche uns Länder wie Slowenien, Italien, Schweden, Irland und
viele andere hinsichtlich der Zahl der Neugründungen den Rang ablaufen, sollte
uns doch nachdenklich stimmen und zu mehr Gründermut animieren. Dabei sind wir
alle gefordert: Die Gesellschaft, die Gründern mehr Achtung, Respekt und
Anerkennung entgegenbringen sollte, die Politik, die weniger reden, sondern
mehr konkrete Hilfestellungen geben sollte, und die Wirtschaft, die mehr
Business Angels zur Verfügung stellen müsste.
Der deutsche Industrie- und Handelskammertag, DIHK, stellte
in einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Untersuchung fest, dass die Zahl
weiblicher Existenzgründer seit Jahren bei 30 Prozent stagniert, obwohl das
Interesse viel größer ist. Er fordert mehr Kitas und mehr Ganztagsschulen.
Könnten Frauen so leicht Unternehmen gründen wie Männer, entstünden 50 000
zusätzliche Jobs, schätzt der DIHK.
Wenn also alle zusammenwirken, dann werden auch wieder mehr
Menschen den Weg in die Selbständigkeit wählen. Die Aufforderung: Mehr Mut!
richtet sich deshalb an alle – zum Vorteil aller, weil wir den Anschluss an die
internationale Konkurrenz nicht verlieren dürfen, sondern auf- und überholen
wollen: mit möglichst vielen kreativen und innovativen Selbständigen!
© Dr. Walter Döring
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