Jetzt sind Merkel, Hollande und Cameron gefordert
Europa kommt - obwohl trotz Krise immer noch sehr wohlhabend
- aktuell nicht so kraftvoll daher wie es wünschenswert wäre. Griechenland nagt
an allen Ecken und Enden Europas an den Kräften der Entscheidungsträger, die
dadurch gehindert werden, notwendige Entscheidungen zu treffen - und nicht
zuletzt nagt Griechenland an den Nerven selbst Wohlmeinender. Zu leiden haben
darunter Steuerzahler und Arbeitsuchende: 23 Millionen Arbeitslose in Europa
und dabei im Durchschnitt mehr als 22 Prozent Jugendarbeitslosigkeit sind
verheerend, beschämend und nicht hinnehmbar.
Diese Entwicklung hilft den „falschen“ Kräften in Europa:
Denen, die auf Angst und Verzweiflung setzen, das Rad zurückdrehen und die
jeweiligen Nationalstaaten wieder gestärkt sehen wollen: Podemos in Spanien,
Front National in Frankreich, UKIP in Großbritannien, die Volkspartei in
Dänemark und die Lega Nord in Italien. Lösungsvorschläge? Fehlanzeige!
Wir sollten nun wegen der völlig indiskutablen Angriffe und
üblen Diffamierungen manch griechischer Medien und auch einiger Politiker
gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang
Schäuble nicht nachlassen, Vorschläge zur Lösung der europäischen Probleme zu
unterbreiten und dabei zu versuchen, andere „mit ins Boot“ zu holen.
Das ganze Debakel zeigt doch: Unser Kontinent braucht neue
Hoffnung und einen neuen Anstoß zur Lösung seiner Probleme - und „neue
Mitspieler“.
Die bisherigen Schritte zur Problemlösung waren trotz aller
immensen Kosten im Grunde doch eher kleine Schritte; es geht aber längst um
eine umfassendere Strategie, bei der einer zur Mitwirkung gewonnen werden
sollte, der bisher nicht zum „Führungs-Duo“ zählte, ja sogar nicht einmal zum
„Euro-Raum“ gehört und obendrein sich sogar mit „Brexit“- Gedanken und - Plänen
befasst: Der britische Premier David Cameron, der Regierungschef des
weltpolitisch, wirtschaftlich und finanziell mächtigen Königreichs. Merkel,
Hollande und eben (endlich) auch Cameron sind jetzt gefordert.
Der frühere Chefredakteur des Londoner Wirtschaftsmagazins
„Economist“, Bill Emmott, hält dabei drei Vereinbarungen für notwendig: 1.
„Eine neue Dynamik zur Vollendung des Europäischen Binnenmarkts für Güter und
Dienstleistungen“. Dieser Sektor macht 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus
und umfasst auch die digitale Wirtschaft und Energie. 2. „Ein wesentlich erhöhtes
staatliches Investitionsprogramm, das vor allem auf Infrastruktur abzielt und
dabei in erster Linie auf den Ausbaueines vollständig zusammenhängenden ,
EU-weiten Netzes für Strom und Gas“. Klar kostet das enorm viel; Experten
rechnen mit mehreren hundert Milliarden Euros. Gigantisch, aber der
Nachkriegs-Marshallplan von 1947, der Deutschland und Europa von 1948 bis 1952
wieder auf die Beine geholfen hatte, war ähnlich voluminös und hat sich mehr
als gerechnet; für beide Seiten, für die USA, Europa und vor allem für
Deutschland, das - nicht zu vergessen - obendrein auch noch von einem massiven
Schuldenschnitt profitiert hatte. 3. Nach Emmott ist der Plan auf zehn Jahre
anzulegen. „Er müsste sowohl den fiskalischen Regeln unterliegen als auch auf
einer Liberalisierung des gemeinsamen Marktes beruhen und die Schulden aller
Euro-Zonen Mitglieder, die 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen, in
Eurobonds überführen“.
Das wird alles nicht gleich Begeisterung auslösen, denn
Frankreich und Italien, um nur einmal diese beiden sehr bedeutenden Länder zu
nennen, halten nicht eben viel von weiteren Liberalisierungen. Aber die
Liberalisierung, „die durch den Schub eines echten gemeinsamen Marktes
einträte, könnte man in Frankreich und Italien mit öffentlichen Investitionen
kombinieren. Dieser Schub könnte auch britische Wähler überzeugen, dass die
EU-Mitgliedschaft Großbritanniens in ihrem Interesse ist“. Eine offensive
Mitwirkung Camerons an diesem „Dreier-Plan“ würde auch hier unterstützend für
einen Verbleib seines Landes in der EU wirken. Die wirtschaftlichen und
kulturellen Beziehungen Großbritanniens zur EU sind stärker als zu allen
anderen Teilen der Welt.
Wenn alle drei, Hollande, Merkel und Cameron, geschlossen
auftreten, dann „hat das was“.
Und wenn sie dann auch noch den Vorschlag von Hans-Werner
Sinn zu einer gemeinsamen Justiz- und Außenpolitik und einer eigenen Armee
aufgreifen, dann wären wir einen großen Schritt weiter zu einem wirklichen
gemeinsamen Europa. Und darüber hinaus könnte darin auch die Lösung der
Flüchtlingsproblematik, die Kanzlerin Angela Merkel im „Sommerinterview“ des ZDF am 16. August
2015 als eine „noch größere Herausforderung für die Europäische Union als die
Lösung der Griechenland-Krise“ bezeichnete, gemeinsam überzeugend angepackt und
mittelfristig einer nachhaltigen Lösung zugeführt werden. Das schafft
Deutschland nicht alleine, da reicht auch das Duo Hollande/Merkel nicht aus,
sondern da sind Hollande, Merkel und eben auch Cameron gefordert; ran ans Werk!
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