Rettet die Meinungsfreiheit!
Haben Sie in der letzten Zeit einmal zu einem Thema Ihre
Meinung gesagt, obwohl Sie wussten, dass Sie damit gegen den sogenannten „Main
Stream“ verstoßen? Zum Beispiel zu der Homo-Ehe und dem Adoptionsrecht für
gleichgeschlechtliche Paare? Und haben Sie dabei u. a. zu bedenken gegeben, dass man auch an das
Kindeswohl denken müsse, und Sie deshalb noch nicht „voller Hurra“ zustimmen
könnten, sondern sich erst noch eine Meinung bilden wollten. Oder haben Sie
wohlmöglich einmal „fallen lassen“, dass nicht alle „Pegida-Anhänger“ in
Dresden „ganz selbstverständlich“ und ohne jeden Zweifel „Rechtsradikale“
seien? Und: Wie ist es Ihnen danach ergangen?
Beide Beispiele sind nicht theoretischer Natur, sondern
sowohl tatsächlich erlebt als auch von einigen Journalisten „getestet“.
Die Reaktionen waren in beiden Fällen von den
selbsternannten „Toleranten“ geradezu reflexhaft gleich: So können nur
„Ewiggestrige“, „Rechtsgewirkte“, „Intolerante“ daher reden.
Unerwünschte Ansichten werden in Deutschland immer mehr
stigmatisiert. Die Meinungsfreiheit in unserem Land ist in Gefahr.
Michael Klonovsky hat dazu im FOCUS geschrieben: „Derzeit
sind wieder bemerkenswert viele rechtschaffene Verfechter von Gesinnungsdressur
und diskursivem Leinenzwang unterwegs, um ein beschränktes Repertoire erwünschter
Ansichten durchzusetzen, was vor allem so läuft, dass abweichende Ansichten
stigmatisiert oder sanktioniert werden“. Das klingt hart, aber sein Beispiel
aus der bundesrepublikanischen Wirklichkeit des Jahres 2015 ist noch viel
härter: „Schäumende Empörung löste im Mai eine Kolumnistin des westfälischen
Anzeigenblattes „OWL am Sonntag“ aus. Die Diplomsoziologin hatte in ihrer
Rubrik „Guter Rat am Sonntag“ einen um selbigen fragenden Leser empfohlen,
seine beiden Töchter, sechs und acht Jahre alt, im Zweifel eben nicht an der
Hochzeit seines schwulen Bruders teilnehmen zu lassen, wenn er befürchte, dass
die Kinder dadurch „verwirrt“ werden könnten. Dies tat sie ausgerechnet in der
Woche, als nahezu sämtliche Medien zu einer Kampagne für die Homo-Ehe nach
irischem Vorbild (natürlich ohne Volksabstimmung) ansetzten und sie quasi als
den Schlussstein der Zivilisation priesen. Nachdem in sozialen Netzwerken ein
offenbar gut organisierter Wutsturm ausbrach, übte die Redaktion beflissen
Selbstkritik, nannte den Text „eine gravierende journalistische Fehlleistung“
und trennte sich mit sofortiger Wirkung von ihrer Kolumnistin. Der
Chefredakteur bedauerte in einer Erklärung, dass der Beitrag „Gefühle verletzt“
habe. Die Kolumne wurde eingestellt. Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker
Beck, der seine verletzten Gefühle vermutlich kaum mehr zählen kann, verkündete
via Twitter Genugtuung über die Abstrafung der Kolumnistin“.
Es gibt weitere Themen, bei denen die selbsternannten
„Guten“ unter uns ihre intolerante Peitsche schwingen, die Meinungsfreiheit
selbstverständlich für sich reklamieren, aber jede abweichende Meinung, die
auch nur ein klein wenig auf Reflexion setzt, sofort verteufeln, verunglimpfen
und auf das Übelste diffamieren. Jacques Schuster hierzu in einem Leitartikel
in der WELT: „Wer in den Raum wirft, ob das Asylrecht noch den heutigen
Bedürfnissen entspricht, wer öffentlich zu bedenken gibt, dass sich große Teile
der Ausländer in Deutschland nur bedingt integriert haben, wer an die
klassische Vater-Mutter-Kind-Beziehung erinnert, der steht im Fadenkreuz jener
Menschen, die sich sonst wer weiß was auf ihre Liberalität einbilden“.
Diese geben vor, besonders „aufgeklärt“ zu sein, und sehen
nicht, dass die tatsächliche Aufklärung die Meinungsfreiheit in die höchsten
Höhen hob und stets betonte, dass jede Art der Meinungsfreiheit
selbstverständlich immer zu dulden sei. Die entscheidende und für wirklich
„Aufgeklärte“ gewissermaßen als ehernes Grundgesetz geltende Kernaussage
lautet: „Ich bin nicht Ihrer Meinung, aber ich werde mein Leben dafür geben,
dass Sie ihre Meinung sagen können“.
Es ist leider zunehmend zu beobachten, dass moralische
Selbsterhöhung der vermeintlichen Gutmenschen die Meinungsfreiheit schon im
Keim zu ersticken droht: Der moralische Furor beruht darauf, die eigene
Position als moralisch alternativlos zu bewerten. Das wird durch das Gerede der
Bundeskanzlerin von der „Alternativlosigkeit“ ihrer Politik nicht besser. Dann
streiten wir nicht mehr über den richtigen Weg zum Ziel, weil schon das als
„Verrat am Guten“ gilt. Das wertschätzende und doch streitbare Gespräch ist -
so die große Philosophin Hannah Arendt - „der Kern einer funktionierenden
Gesellschaft“.
Noch vor ihr war es John Stuart Mill, der 1859 in seinem
Werk „Über die Freiheit“ in der Meinungsfreiheit die Grundlage für das
Wohlbefinden des Staates sah. Ist die Meinungsfreiheit, so wie aktuell bei uns bedroht, ist dieses Wohlbefinden
unseres Staates bedroht; deshalb: Rettet und stärkt mit Mut und
Selbstbewusstsein die Meinungsfreiheit!
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