VW steht nicht für die gesamte deutsche Wirtschaft!
Klar: VW ist eines der bedeutendsten und wichtigsten
Unternehmen Deutschlands. Auch klar: Was da an krimineller Energie aufgebracht
wurde, um Millionen von Kunden zu täuschen, ist geradezu unglaublich. Deshalb
ist klar: Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden! Und
weiterhin klar: Die deutsche Automobilindustrie insgesamt leidet unter diesem
Skandal. Und ebenso klar: Das Gütesiegel „Made in Germany“ hat gewaltige
Kratzer abbekommen.
Unklar: Die Folgen. Strafzahlungen, Schadensersatz und
Umsatzrückgänge werden den VW-Konzern mit hoher zweistelliger
Milliarden-Euro-Last treffen; unklar: in welcher Höhe. Unklar: Die Folgen für die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer und für die zahlreichen mittelständischen Zulieferer.
Bei allem Entsetzen muss aber unumstößlich klar sein: VW
steht nicht für die gesamte deutsche Wirtschaft! VW steht nicht für die
ungezählten ehrlichen Wirtschaftsbetriebe in unserem Lande, die tagtäglich
Ausbildungs- und Arbeitsplätze sichern.
VW ist kein „normaler“ Konzern: Bei VW haben drei Gruppen
das Sagen: Die Inhaberfamilien Piech und Porsche, die Gewerkschaften und nicht
zuletzt der Staat über das Land Niedersachsen als Großaktionär, dessen Status
als „Lex VW“ von der Bundesregierung gegenüber Brüssel, das dieses Konstrukt
abschaffen wollte, mit aller Kraft verteidigt worden war.
Nun gilt es, sich trotz Enttäuschung, Ärger und sicher auch
Wut bei dem einen oder anderen VW-Käufer klar und deutlich vor die deutsche
Wirtschaft zu stellen. Den Versuchen mancher Medien und auch einiger Konzerne
im Ausland, Deutschland insgesamt jetzt „madig“ zu machen, müssen wir uns
entgegenstellen.
Die Washington Post hat gleich mal die deutsche
Ingenieurskunst im Ganzen als „doch nicht so toll“ schlecht geschrieben, die
New York Times sah Deutschland „im Kern getroffen“ und rundum wurden weltweit
Schadenfreude und Antipathie gegen den „Musterknaben Deutschland“ gestreut. Uwe
Jean Heuser: „Und ebenso selbstverständlich versuchen ausländische
Industriekonzerne, die Gunst der Stunde zu nutzen und „made in Germany“ in
Verruf zu bringen“.
Nun liegt es an uns allen, wie sehr wir uns den Schuh „des
vielleicht größten Fehltritts der nationalen Industriegeschichte“ anziehen.
Meine Meinung: Wir sollten uns diesen Schuh weder anziehen noch anziehen
lassen!
Nochmal: VW steht nicht für die deutsche Wirtschaft, sondern
diese wird geprägt von den Tausenden kleinen und mittelständischen Firmen, vor
allem von den Familienunternehmen, von denen es viele mit Erfindungsreichtum,
Innovationen, Risikobereitschaft und dem Handeln des „ehrlichen Kaufmanns“ zur
Weltmarktführerschaft gebracht haben!
Heuser: „Warum hat die deutsche Wirtschaft es verkraftet,
dass die gesamte Stahlindustrie einging, die Textil- und die Pharmabranche
gewaltig schrumpften? Warum macht es ihr wenig aus, dass die Banken sich an den
Abgrund manövriert haben und die Energiekonzerne fast schon einen Schritt
weiter sind? Weil nicht - wie beispielsweise in Frankreich - wenige große
Unternehmen die Wertschöpfung dominieren, sondern die kleinen und mittleren“,
die noch immer die meisten Arbeits- und Ausbildungsplätze stellen.
Natürlich gilt es auch für Deutschland, Lehren aus dem
VW-Skandal zu ziehen. So sollten aktive Politiker grundsätzlich keine
Aufsichtsratsmandate in der sog. „freien Wirtschaft“ und in Staatsunternehmen
nur noch sehr beschränkt übernehmen dürfen. Die „Lex VW“ gehört abgeschafft;
sie passt schon lange nicht mehr in die Landschaft.
Und natürlich muss die Politik darauf achten, dass sie sich
nicht zu sehr auf einen Branche wie hier die Automobilbranche fixiert. Und wir
alle müssen uns gerade in Zeiten des nun schon seit Jahren anhaltenden
Wirtschaftsbooms unserer Verletzlichkeit stets bewusst sein und die Lehren
daraus ziehen: Der aktuelle Wohlstand ist keine selbstverständliche
Dauereinrichtung, sondern muss jeden Tag aufs Neue erwirtschaftet werden;
überwiegend vom Mittelstand.
Am Rande sei nur erwähnt und den lauthalsen TTIP-Gegnern
zugerufen: Es waren die USA, die nach Meinung dieser Gegner so laxe Regeln
haben, die dieses Verbrechen an der Umwelt aufgedeckt haben…
Und auch aus einem ganz aktuellen Grund ist es wichtig, dass
unsere Wirtschaft weiterhin boomt und wir uns vor sie stellen und gegen
ungerechtfertigte Angriffe verteidigen: Die enormen Kosten durch die zu uns
kommenden Flüchtlinge, die Experten auf 30 Milliarden Euro pro Jahr berechnet
haben. Thomas Exner: „Solange die deutsche Konjunktur brummt und der Staat
dadurch unerwartet hohe Steuereinnahmen zu verzeichnen hat, solange dürften die
Kosten für die Flüchtlinge tatsächlich ohne allzu tiefe Einschnitte für uns
alle zu schultern sein“.
Deshalb: Deutschland bleibt stark, wenn wir uns vor unsere
Wirtschaft stellen und jetzt nicht die gesamte Wirtschaft unter „Generalverdacht“
stellen!
© Dr. Walter Döring
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