Wohnungsnot rechtfertigt keine Enteignung!
Seit
den starken Worten von Bundekanzlerin Angela Merkel von Anfang September 2015
im Zusammenhang mit der rasant anschwellenden Flüchtlingskrise - „Wir schaffen
das!“ - hat der gewaltige Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland noch mehr
zugenommen:
So ist
zum Beispiel alleine in Baden Württemberg die Zahl der Asylbewerberinnen und
Asylbewerber von Ende August 2015 bis Ende September 2015 von ca. 8 990 auf ca.
16 700 angestiegen. Und alle Beteiligten und Verantwortlichen rechnen mit noch
deutlich weiter steigenden Zahlen.
Damit
nimmt auch der Druck auf die Kommunen kontinuierlichzu: Sie sind gerade jetzt
vor und in den Wintermonaten gefordert. Es geht um die „winterfeste“
Unterbringung der Flüchtlinge, wozu die ungezählten Zeltstädte und auch die
meisten der rasch errichteten Container schlicht nicht taugen. Gar keine Frage:
Die Menschen müssen so untergebracht werden, dass sie den Winter unbeschadet
überstehen. Die Folge ist, dass die Landkreise, Städte und Gemeinden an
Immobilien kaufen, „was zu bekommen ist“ und erklären in vielen Fällen dennoch,
dass es keinen ausreichenden Wohnraum gibt; „egal, wie viel wir dafür bieten“.
Es gibt
Experten, die diese Aussagen anzweifeln und bei weitem nicht für alle Städte
gelten lassen. Sie verweisen auf leer stehende Wohnungen auch in kommunalem
Besitz, auf alte nicht mehr genutzte Schulhäuser, auf Kasernen, Pfarrhäuser und
Gemeindehallen. Nicht wenige Landräte und selbst auch einige Pfarrer räumen
durchaus ein, dass es bei den letztgenannten Beispielen noch „Rede-, Überzeugungs-
und Handlungsbedarf“ gebe.
In
dieser Notlage greifen jetzt einige Städte und Gemeinden zu einem
verfassungsrechtlich höchst bedenklichen Mittel, zur Zwangsenteignung!
Dies
ist gleich doppelt bedenklich, denn nach der von drei Professoren der renommierten
Humboldt-Universität in einem ausführlichen Gutachten als „verfassungswidrig“
erklärten Mietpreisbremse, droht dem Immobilienbereich erneut ein Eingriff, der
von Rechtsexperten als „bedenklicher Eingriff in die Eigentumsgarantie bewertet
wird.
Diese
juristisch belegten und von ausgewiesenen Verfassungskennern vorgetragenen
Anmerkungen werden schlicht ignoriert: Gemeint ist beispielhaft das „Hamburger
Enteignungsgesetz“. Das Parlament der Freien Hansestadt kreierte im „Gesetz für
die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ einen neuen Paragrafen, der es dem
Senat erlaubt, private Grundstücke und Wohnungen zur Flüchtlingsunterbringung
sicherzustellen; „sicherstellen“ heißt hier nichts anderes als „enteignen“.
Der
ehemalige Präsident des deutschen Bundesverfassungsgerichts Professor Papier
warnt: „Der Kernbereich der Eigentumsgarantie, zu dem die Privatnützigkeit des
Eigentums und die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über das Eigentum gehören,
darf nicht ausgehöhlt werden!“
Tübingens
Oberbürgermeister Boris Palmer drohte mit Zwangsbelegung, Berlin, Arnsberg,
Olpe und Bremen haben bereits „vollzogen“.
Dies
ist nicht in Ordnung. Bevor eine Stadt, eine Kommune oder ein Bezirk eine
Beschlagnahme durchführt und die Privatbesitzer zur Vermietung zwingt, müssen
alle brauchbaren eigenen kommunalen Wohn- und Gewerberäume genutzt werden.
Der
rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz von der SPD lehnt die
Eingriffe in das Privateigentum mit der klaren Aussage ab: „Das ist Enteignung“
und die ist verfassungswidrig!
Auch
das skandalöse „Herausklagen“ von langjährigen Mietern und Mieterinnen aus
kommunalen Wohnungen, um Platz für Flüchtlinge zu schaffen, wie in Eschbach mit
der Begründung „Eigenbedarf“ und auch andernorts so geschehen, ist nicht in
Ordnung: „Kündigungen zur Unterbringung von Flüchtlingen sind schlicht
unwirksam, weil die Kommune als juristische Person keinen Eigenbedarf anmelden
darf“.
Ja, es
herrscht in manchen Bereichen Wohnungsnot, aber da sind noch mehr
Einfallsreichtum und noch Ideen und Kooperationen gefragt als zu dem Mittel der
Zwangsvermietung zu greifen.
Wohnungsnot
rechtfertigt keine Eingriffe ins Privateigentum; erst recht und auf keinen Fall
rechtfertigt sie Enteignung!
© Dr. Walter Döring
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