Globalisierung und Freihandel haben die Ungleichheit verringert.
Der Freihandel und mit ihm die Globalisierung haben aktuell
einen schweren Stand. Nicht nur der sehr eigenwillige Präsidentschaftskandidat
Donald Trump in den USA, sondern auch die Anführerin der Rechten in Frankreich,
Marie le Pen, sowie Populisten ganz im Süden und weit oben im Norden Europas
und hier in Deutschland die AfD geradezu Arm in Arm mit der Partei „Die Linke“ reden
einem gefährlichen Protektionismus das Wort. Sie sehen sich in ihren
Forderungen nach Zöllen, Handelsbeschränkungen und Subventionen zum
vermeintlichen Schutz der jeweils heimischen Wirtschaft von manchen
Nobelpreisträgern wie Krugman und Samuelson bestätigt, die protektionistische
Maßnahmen der USA gegen China für „berechtigt“ und teilweise sogar für
„notwendig“ halten.
Der langjährige Präsident des Münchener Ifo-Instituts,
Professor Hans-Werner Sinn, mahnte dagegen jüngst in einem Beitrag für das
Handelsblatt: „Protektionismus ist die größte Gefahr für die Weltwirtschaft“.
Wenig überraschend, dass Sinn im Gegensatz zu den Anhängern
des Protektionismus für Freihandel plädiert und in der Globalisierung geradezu
einen Segen für die Menschheit sieht. Gestützt wird diese Haltung von Studienergebnissen
und Statistiken der Weltbank. Nach diesen hatten noch im Jahre 1981 sage und
schreibe mehr als 44 Prozent der Weltbevölkerung mit weniger als dem
Existenzminimum von 1,90 US-Dollar pro Tag ihr Dasein fristen müssen. 1990
waren es noch über 37 Prozent, im Jahr 2000 weniger als 30 Prozent, um stetig
weiter zu sinken auf 16 Prozent in 2010 und auf 12,7 Prozent im Jahre 2012.
Hans-Werner Sinn: „Insgesamt hat die Globalisierung die
Ungleichheit auf der Welt nicht erhöht, sondern dramatisch verringert, weil die
bittere Armut von 45 Prozent der Menschheit … nun allmählich überwunden wird.“
Das ist vermutlich der größte Vorteil der Globalisierung
überhaupt.
Hans-Werner Sinn weist in seiner positiven Bewertung der
Globalisierung und des Freihandels auch noch auf einen weiteren wesentlichen
Aspekt hin: den des Zusammenhangs von Sozialstaat und Freihandel bzw.
Globalisierung. Der durch Freihandel und Globalisierung mögliche Sozialstaat
„federt Ungleichheiten ab“, umgekehrt gilt, dass erst der Sozialstaat
Freihandel und Handelsgewinne möglich macht, „weil er die Verlierer des
Geschehens kompensiert und versöhnt“.
Nach den Statistiken der OECD greift Deutschland von allen
Ländern mit am stärksten in die Einkommensverteilung ein, indem es über das
Steuersystem von oben nach unten kräftig umverteilt. Das macht nach Sinn „eine
hohe Ungleichheit der Bruttoeinkommen möglich, wie sie für die erfolgreiche
Partizipation am Welthandel erforderlich ist. Zugleich hat die Umverteilung
Deutschland im internationalen Vergleich eine sehr hohe Gleichheit der
Nettoeinkommen beschert. Im Ganzen verfügt unser Land damit über ein solides
und erfolgreiches Modell, bei dem der Sozialstaat das sinnvolle Komplement
einer weltoffenen Freihandelspolitik ist, der wir unseren Wohlstand verdanken“.
Diese erfreuliche Entwicklung der letzten zehn Jahre hat
Anfang September das Ifo-Institut nach eingehenden Studien ausdrücklich
bestätigt. Professor Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen
Wirtschaft in Köln, hierzu am 6. September 2016 in der „WELT“: „Entgegen der
weitverbreiteten Wahrnehmung hat sich im letzten Jahrzehnt in Deutschland weder
die Einkommensungleichheit noch die Vermögensungleichheit erhöht“. Konkret
ergaben die Untersuchungen hinsichtlich der Einkommen die folgenden
Ergebnisse: „Seit 2007 sind die
tariflichen Stundenlöhne preisbereinigt um 8 Prozent gestiegen, die
Bruttostundenlöhne real um knapp 12 Prozent. Davon profitierten vor allem die
Geringverdiener. Während die Bruttoerwerbseinkommen der unteren 10 Prozent der
Vollzeitbeschäftigten zwischen 2009 und 2013 um 6,6 Prozent wuchsen, legten die
Einkommen der reichsten 10 Prozent um 2,8 Prozent zu“.
Und ganz praktisch und anschaulich nahm Helmut Schneider in
der Südwestpresse am 6. September zu den Vorteilen des Freihandels Stellung:
Die Deutschen wollen günstige T-Shirts, tolle Smartphones und als
„Reiseweltmeister“ die ganze Welt „erschwinglich“ bereisen – das geht eben nicht
ohne Gegenleistung: Freihandel bedeutet auch Fairness mit „dem Rest der Welt“.
Und dazu braucht es Vereinbarungen, sprich: „Handelsabkommen, die den
Freihandel in einer globalisierten Welt regeln“.
Kein Land der Welt ist so sehr auf offene Grenzen, auf einen
möglichst reibungslosen Freihandel angewiesen wie die Bundesrepublik
Deutschland. Gerade in unserer Region, in der Region der Weltmarktführer,
sichert der Freihandel Ausbildungs- und Arbeitsplätze und damit unseren
Wohlstand. Nicht wenige der hiesigen Unternehmen, die kontinuierlich investieren
und fortgesetzt neue Arbeitsplätze schaffen, weisen Exportraten von bis zu 85
Prozent aus; nicht auszudenken, was Protektionismus hier in unserer Region
anrichten würde. Auch darum ist es Zeit, die Erfolge der Globalisierung und des
Freihandels deutlich herauszustellen.
© Dr.
Walter Döring