GroKo für „die kleinen Leute“ – überheblicher geht es nicht!
Zuerst war es Markus Söder, der
auf seinem Weg zum bayerischen Ministerpräsidenten in einer Sendung mit Anne
Will davon sprach, dass „jetzt Politik für die kleinen Leute“ gemacht werden
müsste. Dann legte Horst Seehofer nach, als er am Tag der Unterzeichnung des
Koalitionsvertrags am 12. März 2018 seine ganz persönliche Überschrift mit
Inhaltsverzeichnis für die neue Bundesregierung vorlegte: „Eine große Koalition
für die kleinen Leute“.
Ich habe, wie viele andere auch,
diesen Seehofer-Satz mehrmals gehört und in den Nachrichtensendungen gesehen,
bin mir aber bis heute nicht sicher, wer denn diese „kleinen Leute“ eigentlich
sein sollen.
Sind es die viel zitierten
„Globalisierungsverlierer“, die „Unterprivilegierten“, die „sozial Schwachen“,
die „Unterschichten-Fernsehsendungen-Konsumierenden“ oder schlicht und einfach
die, von denen Söder und Seehofer meinen und fürchten, dass sie zur AfD
„abgewandert“ sind und wohl auch noch bei der bevorstehenden Wahl im Oktober in
Bayern verstärkt zu diesen „Alternativen“ abwandern?
Egal; wer von anderen
Mitbürgerinnen und Mitbürgern von „kleinen Leuten“ spricht, schaut mit
unerträglicher Überheblichkeit auf diese herab.
Und fast schlimmer noch: Er
spaltet, er teilt auf in „die da oben“ und „die da unten“; unerträglich! Es gab
mal einen Bundespräsidenten, der von „Versöhnen statt spalten“ sprach; lange
ist es her.
Und zugleich gestehen diese sich
selbstgerecht zu „Kümmerern“ aufschwingenden „Mächtigen“ mehr direkt als
indirekt ein, dass sie, die „Mächtigen“, die Bedürfnisse, Sorgen und Nöte einer
nicht zu vernachlässigenden Zahl von Wählerinnen und Wählern nicht
berücksichtigt, sondern außer Acht gelassen, bei ihrer Arbeit nahezu
„konsequent“ vernachlässigt haben. Gemerkt haben sie dies erst mit dem konstant
guten Abschneiden der AfD, der nun größten Oppositionsfraktion im Deutschen
Bundestag. Bernd Ulrich in der ZEIT vom 15. März 2018: „Die vermeintlichen
„kleinen Männer“ und ihre Frauen sind aus ihren Demutshöhlen gekommen“ und
haben mit ihrer Stimmabgabe, ihrem Wahlverhalten nachhaltig auf sich aufmerksam
gemacht.
Wer von „kleinen Leuten“
spricht, der muss ja logischerweise auch das Gegenüber, also die „großen
Leute“, im Blick haben. Und auch hier stellt sich die Frage: wer ist das? Sind
es die mit viel Geld, die mit „Prestige beladenen Berufen“, die mit „Macht“?
Und auch da stellen sich jeweils die Fragen nach der konkreten Definition.
Bliebe man dabei, dann wäre
einer mit „dickem Konto“ einer von den „großen Leuten“ und dem gegenüber einer
mit wenig auf dem Konto einer von den „kleinen Leuten“; spätestens hier müsste
jeder merken, wie bescheuert die Bezeichnung „kleine Leute“ für wen auch immer
ist.
Bernd Ulrich: „Der Begriff
„kleine Leute“ entpolitisiert. Schließlich wachsen „kleine Leute“ nicht auf
Bäumen, sie werden klein gemacht oder gelassen oder gehalten. Man gibt ihnen
nicht genug Bildung und Aufmerksamkeit, nicht genug Anregung und Wertschätzung.
Und warum nicht? Weil man sie klein braucht. Sie machen doch die einfachen
Arbeiten bloß, weil die „großen Leute“ ein Heer von Arbeitern und
Dienstleistern brauchen, um auf großem Fuß zu leben“.
Nein, weder die gar nicht mehr
so große Koalition und erst recht nicht der neue „Heimatminister“ dürfen sich
zu diesen „kleinen Leuten“ hinabbeugen. Ganz im Gegenteil: Sie alle sollten
alle Bürgerinnen und Bürger auf Augenhöhe annehmen und sie vor allem auch auf
Augenhöhe behandeln; nicht herablassend, nicht gönnerhaft, sondern schlicht und
einfach wie es im Grunde das Grundgesetz vorgibt, und wonach zu handeln für
jeden Politiker / jede Politikerin eine pure Selbstverständlichkeit sein
sollte: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Da steht nichts von „großen“
oder „kleinen Leuten“, sondern ganz klar und deutlich spricht unser großartiges
Grundgesetz von unterschiedsloser „Würde des Menschen“; gut so und auch
unveränderbar.
Also lasst den ebenso
arroganten, herablassenden wie überheblichen Unsinn, von „den kleinen Leuten“
zu schwadronieren, sondern sorgt endlich für wirkliche Chancengleichheit am
Start für alle Bundesbürgerinnen und Bundesbürger; zum Beispiel durch „Bildung
als Bürgerrecht“ und auch durch bezahlbaren Wohnraum für alle in sicheren
Wohngebieten.
© Dr. Walter Döeing
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