Macron und Kurz: Zwei „Polit-Shooting-Stars“ krempeln die EU um

Emmanuel Macron in Frankreich und Sebastian Kurz in Österreich stehen in Europa nicht nur für eine neue Generation pragmatischer Politiker - ganz ähnlich Justin Trudeau in Kanada – sondern auch für eine neue Herangehensweise an die Zukunftsgestaltung der Europäischen Union: sie wollen nicht weniger, als die Europäische Union „aus der Schockstarre führen und den Kontinent krisenfest machen – und fordern dabei auch Bundeskanzlerin Angela Merkel heraus“.

Zunächst ist den beiden Politikern etwas gelungen, was zu ihren jeweiligen Erfolgen ziemlich entscheidend beigetragen hat: Sie haben sich beide erfolgreich als „Alternative zum Establishment“, geradezu als „Gegenbewegung zum Establishment“ inszeniert und dabei schlicht durch eine grandiose Wählertäuschung – so verrückt sich das anhört - den Wählerwillen getroffen, denn natürlich sind beide „lupenreine Produkte des etablierten Politikapparats ihrer Heimatländer“, also im Grunde „Establishment pur“.

Egal: Der eine, Macron, hat schon erdrutschartige Wahlerfolge errungen, der andere, Kurz, hat seine Partei, die ÖVP, fest entschlossen zum „Team Kurz“ umgebaut und damit die Kanzlerschaft nach den Wahlen am 15. Oktober dieses Jahres fest im Blick; Beobachter erwarten einen „fulminanten Wahlsieg“ von Europas jüngstem Außenminister Sebastian Kurz.

Machtbewusst, durch Erfolge gestärkt und mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein ausgestattet, haben sie nicht alleine ihre jeweiligen Länder auf ihrer Veränderungsagenda, sondern gleich ganz Europa.
Kurz hat 2015 Europa - und vor allem Frau Merkel – gezeigt, wie ebenso durchsetzungsstark und konsequent er zu handeln versteht: Auf dem Höhepunkt der Massenflucht nach Europa, vor allem nach Deutschland, im Herbst des Jahres 2015 handelte Sebastian Kurz klar und entschlossen, als er die Balkanroute schließen ließ. Dies gegen den Willen von Angela Merkel, aber mit massiver Unterstützung seiner Nachbarn: Ungarn, Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien folgten Kurz, der dafür höchste Anerkennung, Respekt und mit der vielfach ausgesprochenen Würdigung „diplomatische Meisterleistung“ seinen Aufstieg in den Kreis der „Großen“ erfahren durfte. Auch sein harter Kurs gegenüber Erdogan findet zwar nicht den Beifall des deutschen Außenministers Sigmar Gabriel, brachte ihm aber wiederum viel Respekt unter den EU-Diplomaten ein.

Emmanuel Macron möchte einen EU-Finanzminister, was Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit Zurückhaltung aufgenommen hat, Frau Merkel aber angesichts der großen Hoffnungen, die sie mit Macron hinsichtlich eines Wiedererstarkens der deutsch-französischen Achse, schon mal als „unter bestimmten Voraussetzungen denkbar“ bezeichnet hat.

Auch wenn Kurz und Macron teilweise ganz und gar nicht auf einer einheitlichen europapolitischen Linie liegen – Macron will mehr, Kurz weniger Europa – so sind sich beide jedoch einig darin, dass der Status quo keine Option ist. Im Magazin „Cicero“ war hierzu im Juli 2017 zu lesen: „Das „deutsche Europa“, das Kanzlerin Angela Merkel seit der Eurokrise fest im Griff hat, wollen sie schnell und radikal umbauen. Dass Deutschland allein entscheidet, wer belohnt und wer bestraft wird, wollen die jungen Wilden nicht hinnehmen. Von einer „Neugründung“ spricht Macron, eine Reform von „A wie Außengrenzenschutz bis Z wie Zollunion“ fordert Kurz“. Beide wollen eine „souveräne“ EU, die ihre Bürger schützt und verteidigt.

Wie könnte nun also so ein von Macron, Kurz und wohl auch dem jungen Italiener Matteo Renzi, so er seine Wahl gewinnt, aussehen? Es wäre wohl schlanker, aber auch souveräner. Es würde respektloser mit Ländern wie der Türkei, Russland und den USA, also mit Erdogan, Putin und Trump, umgehen, gleichzeitig aber die EU-Staaten – und hier vor allem die kleineren – mehr respektieren, fragen, einbinden. Zu mehr Souveränität gehörte dann auch ein Mehr an EU-Militär. „Cicero“: „Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini denkt bereits über „autonome“ Verteidigungskapazitäten nach. Auch in der Wirtschaftspolitik löst sich Europa langsam aus dem Windschatten der USA und ihres protektionistischen Präsidenten“.

Sowohl der Franzose, als auch der Österreicher denken die EU wie einen klassischen Nationalstaat. Für sie zählt nicht mehr nur die eigene Nation, Europa betrachten sie genauso als ihre Heimat, wofür sie sich voll mitverantwortlich fühlen. Daraus ziehen die beiden Shooting Stars ihre proeuropäische Energie. Die EU ist ihr gemeinsames Haus, es soll vor allem jene Schutzfunktionen übernehmen, die die einzelnen Staaten  allein nicht wahrnehmen können. Das ist ein ebenso so faszinierendes wie schwieriges Projekt.

Die ganze EU profitiert schon jetzt, noch bevor die Beiden richtig loslegen, von deren frischen Energie.


Hoffentlich erlahmt die nicht!

© Dr. Walter Döring

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